"Der Feminismus hat die Frage nach der Mutterschaft der Frau verschenkt"

EWTN-Interview mit der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz

Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz in Rom (2022)
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz in Rom (2022)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Birgit Kelle in Rom (2022)
Birgit Kelle in Rom (2022)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Bischof Wolfgang Ipolt in Rom (2022)
Bischof Wolfgang Ipolt in Rom (2022)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Professor Stephan Kampowski (2022)
Professor Stephan Kampowski (2022)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Am vergangenen Freitag sprachen in Rom mehrere Experten aus Deutschland über den Familienbegriff. Am Rande der Veranstaltung sprach der Programmdirektor von EWTN Deutschland, Martin Rothweiler, mit der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz über die Familie aus anthropologischer Sicht.

Das Symposium fand unter dem Titel "Familie – Keimzelle der Gesellschaft und Kirche im Kleinen" statt und wurde von der "Societas Theologiae Ecclesiasticae" (STE) organisiert, die zum deutschen Verein "Fundation Christiana Virtus e.V." gehört. 

Bei der Veranstaltung im Patristischen Institut Augustinianum traten neben der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz auch die Journalistin Birgit Kelle, der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt und der Professor für Anthropologie, Stephan Kampowski, als Referenten auf.

CNA Deutsch veröffentlicht im Folgenden Auszüge aus dem Interview mit Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz. Das komplette Interview wird der katholische Fernsehsender EWTN.TV im Zuge der Berichterstattung um das Weltfamilientreffen austrahlen, das nächste Woche vom 22. bis zum 26. Juni in Rom stattfindet.

Im Jahr 2022 findet wieder ein Weltfamilientreffen statt, eine Initiative, die von Johannes Paul II. ausgegangen ist, dem Ehe und Familie ganz besonders am Herzen lag. Aus der Sicht der Religionsphilosophin, welche Bedeutung hat Ehe und Familie?

Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz: Ich könnte gleich von Anfang an sagen, dass es ein ganz besonders genialer Einfall von Papst Johannes Paul II. war, sich so mit der Familie zu beschäftigen. Man erwartet das natürlich auch in einem gewissem Rahmen vom Papst. Aber dass er eine so deutliche Akzentuierung darauflegt, ist ganz großartig, das heißt, er hat ganz viel verstanden.

Johannes Paul II. ist von der Phänomenologie her gegangen. Er hat im Grunde das Phänomen des Menschen betrachtet und in den Blick genommen, das Phänomen der menschlichen Liebe, auch der Leiblichkeit. Wichtig ist dabei der Begriff der "Theologie des Leibes". Was kann man denn "phänomenal", oder am Phänomen Leib des Menschen, Leib des Mannes, Leib der Frau, feststellen?

Ich unterstreiche noch einmal, dass ein Papst, der über das Thema Leib nachdenkt, auch in gewissem Sinne ein Novum ist, eine Neuheit ist. Phänomenologie hat den unglaublichen Vorteil – und Johannes Paul hat damit ja auch wirklich gearbeitet – durch Hinsehen, durch kluges Hinsehen, also nicht einfach nur hinschauen im Sinne von "wahllos aufnehmen", aber durch kluges Hinsehen und Deuten dessen, was man sieht, bereits einen guten Weg in die Tiefe einer Welterfassung zu geben (...) Und letzten Endes können wir eben auch schon fragen: Was bedeutet Vaterschaft für den Mann rein phänomenal und was bedeutet Mutterschaft für die Frau, rein phänomenal?

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Der Augenblick, wo eine Kultur diese Fragen gar nicht stellt – der Feminismus hat die Frage nach der Mutterschaft der Frau verschenkt, es wird nicht gefragt – betrachten wir ja das Phänomen Frau eigentlich schon in einer bestimmten Aussparung. Das rächt sich früher oder später, weil der Augenblick, wo wir etwas nicht in seiner umfassenden Gänze wahrnehmen, kommt der vergessene oder verdrängte Teil irgendwann mal auch mit Macht zurück und dann natürlich als Strafaufgabe und nicht mehr als Aufgabe.

Ich habe jetzt ein bisschen vorgegriffen, aber ich denke, dass wir, wenn wir wirklich wieder Phänomen lesen lernen, eine ganz dankbare Aufgabe damit übernehmen, nämlich wirklich ernst nehmen, was sich an unserem Leib ausdrückt.

(...) Wir haben in der Anthropologie, wenn man das als großen Begriff nimmt, selbstverständlich einen Anteil von Biologie, also warum nicht? Wo fangen wir an, wenn wir nicht mit der Biologie anfangen? Natürlich ist der Mensch nicht nur ein biologisches Wesen, selbstverständlich nicht. Das ist schon ein Tier nicht; ein Tier hat natürlich eine biologische Prägung, aber ein Tier hat Lernvorgänge, hat Adaptionen. Ein Hund kann mit einem Menschen aufwachsen, nimmt merkwürdige Züge an, die er in der Wildnis nicht haben würde.

Wie kann eine Wiederherstellung von Ehe und Familie gelingen?

Die Botschaft heißt nochmal von der Kirche aus gesehen: du allein, du für immer und von dir ein Kind. Das einfach sagen.

Man muss es nicht begründen, das wird sofort landen, auch im Widerspruch ganz klar, aber solange ich das nicht sage, solange immer die Alternativen da sind, klappt das nicht. Aber wenn man das jungen Leuten so sagt, sie werden das relativ schnell verstehen, dass das gut ist, so, auch wenn es jetzt nicht halten, macht nichts, aber dass es gut ist, das wird verstanden.

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