Baby-Business: Der Krieg in der Ukraine drängt die Leihmutterschaft auf neue Märkte

Babyschuhe
Janko Ferlič / Unsplash (CC0)

Bis zum Ausbruch des Krieges war die Ukraine nach den USA der zweitgrößte Mietmutterschaftsmarkt der Welt. Jährlich wurden 2.500 Kinder von ukrainischen Leihmüttern ausgetragen, 90 Prozent waren von ausländischen Paaren bestellt.

Jetzt verlagert sich das Geschäft nach Georgien, berichtet IMABE.  

Die Nachfrage nach "Leihmüttern" in der Ukraine ist größer denn je, sagt Ihor Pechenoha, Direktor der BioTexCom-Klinik in Kiew. Doch jetzt fehle es an Frauen. „Weil so viele ukrainische Frauen ins Ausland gegangen sind, haben wir nicht genug, um die Nachfrage zu befriedigen, die seit Beginn des Krieges gestiegen ist“, klagt Pechenoha gegenüber dem spanischen Investigativmagazin La Marea.

Die ukrainische Leihmutterschaftsagentur BioTexCom will deshalb nun Frauen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken als Leihmütter anwerben.

Die Frauen würden aus ärmeren Gegenden rekrutiert, denn - so viel gibt Pechenoha zu: Alle, die als Leihmütter arbeiten, täten dies aus finanzieller Not.

BioTexCom selbst gilt als die größte und erfolgreichste der zahlreichen Fertilitätskliniken in der Ukraine. Die Klinik deckt rund 70 Prozent der Leihmutterschaften in der Ukraine ab und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro.

Was BioTexCom nur ungern zugibt: Seit dem Krieg sind die Vermittlungsagenturen auf andere Länder ausgewichen.

Mexiko und Teile Lateinamerikas verzeichnen seit der Ukraine-Krise eine erhöhte Nachfrage. Besonders attraktiv ist nun Georgien, das ähnliche Gesetze wie die Ukraine hat.

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In Georgien wurde die Leihmutterschaft bereits 1997 legalisiert. Das macht das bitterarme Land nicht nur für Kunden aus dem Westen, sondern auch aus Indien attraktiv. Dort wurde die kommerzielle Leihmutterschaft 2022 für Ausländer und Inländer endgültig verboten. Nun bauen indische "Wunschbaby-Kliniken" ihre (Menschen-)Handelsbeziehungen mit Georgien aus.

Georgische Agenturen haben bereits Niederlassungen in Indien und weltweit eröffnet.

"Der internationale Markt wird immer aggressiver", beobachtet IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer. Um diese ausbeuterischen Entwicklungen zu stoppen, brauche es "ein internationales Verbot der Leihmutterschaft".

Nur so könnten die Rechte von Frauen und Kindern wirksam geschützt werden, so die Ethikerin. "Gerade der feministische Diskurs weist zu Recht darauf hin, wie verharmlosend es ist, von 'Leihmüttern' zu sprechen", so Kummer. In Wirklichkeit würden hier Frauen nur zum Zweck des Gebärens gemietet.

"Alles, was daran erinnert, dass sie biologisch die Mutter des Kindes ist, soll getilgt und unsichtbar gemacht werden. Die Mutter wird aus der Biographie des Kindes gelöscht. Sie muss sich vertraglich verpflichten, das Kind den Bestelleltern zu übergeben. Das erinnert an den Menschenhandel aus dunklen Zeiten".

Ein weiteres Beispiel für skrupellose Methoden ist laut Kummer die Agentur New Life Global mit Sitz in London.

Sie wurde 2008 von der georgischen Ärztin Mariam Kukunashvili gegründet und bietet internationalen Kunden ein Kind zu einem günstigen Preis an, berichtet IMABE.

Dabei nutzt New Life Global die Gesetzeslücke, die in vielen Ländern besteht, um Leihmütter zu rekrutieren, die für Kunden Kinder austragen, in denen Leihmutterschaft verboten ist. Jetzt gerät die Firma wegen undurchsichtiger Briefkastenfirmen und des Verdachts auf kriminelle Machenschaften ins Visier der Behörden, berichtet die Zeitung "Observer": Leihmütter erhalten keine rechtsgültigen Verträge, Eltern können sich das Geschlecht ihres Kindes aussuchen. Und in der Niederlassung von New Life Global in der Ukraine wurden die Bestelleltern bis vor kurzem darauf hingewiesen, dass sie nur gesunde Babys mitnehmen dürften.

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Kinder, die von einer Leihmutter mit Behinderung geboren wurden, konnten legal in einem Waisenhaus zurückgelassen werden - auf Kosten der Regierung.

Positiv vermerkt IMABE-Direktorin Kummer, dass sich im Kampf gegen die reproduktive Ausbeutung von Frauen Allianzen über alle Weltanschauungen hinweg gebildet haben.

So haben am 3. März 2023 mehr als 100 Wissenschaftler und Experten aus 75 Ländern aller Kontinente eine Erklärung ("Casablanca Declaration") veröffentlicht, in der sie die Staaten auffordern, die Praxis der Leihmutterschaft weltweit abzuschaffen, und einen Vorschlag für eine entsprechende internationale Konvention vorgelegt.

Die feministische Dachorganisation CIAMS (Internationale Koalition für die Abschaffung der Leihmutterschaft) und ihre "Internationale Charta zur Abschaffung der Leihmutterschaft" wird von 300 NGOs und Menschenrechtsorganisationen weltweit – darunter auch die Österreichische Plattform www.stopptleihmutterschaft.at – sowie von 3.000 Einzelpersonen aus 65 Ländern unterstützt.