Interview: Wie steht es um die Christenverfolgung in Mosambik und Nigeria?

Vertriebene campieren unter freiem Himmel.
Kirche in Not

CNA Deutsch sprach mit Johan Viljoen über die aktuelle Sicherheitslage der Christen in Afrika, insbesondere in Mosambik und Nigeria.

Der 1961 in Nairobi (Kenia) geborene Jurist hat auch ein Theologiestudium absolviert. Seit 2018 ist er Direktor des Denis Hurley Peace Institute, welches die Kirche in afrikanischen Ländern außerhalb Südafrikas mit Programmen zur Förderung von Frieden, Demokratie und Menschenrechten unterstützt. Derzeit arbeitet er in Mosambik, Eswatini, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo, Kamerun und Nigeria.

In einem Artikel über die aktuelle Lage in Mosambik sprechen Sie von „komplexen Ursachen“ für die Aufstände islamistischer Rebellengruppen. Die Menschen vor Ort werden kaum an den Gewinnen aus dem Rohstoffabbau der internationalen Großkonzerne beteiligt. Könnte eine Beteiligung der lokalen Bevölkerung an den Gewinnen die Aufstände abschwächen oder stehen religiöse und kulturelle Motive hinter den Rebellen?

Seit Beginn des Aufstands behaupten die von der Gewalt vertriebenen Menschen vor Ort, dass der wahre Grund für den Aufstand die Kontrolle über die Bodenschätze ist und es darum geht, sie von ihrem Land zu vertreiben, damit es multinationalen Konzernen zum Schürfen und Abbauen überlassen werden kann.

Cabo Delgado ist seit jeher die ärmste Provinz Mosambiks mit dem niedrigsten HDI (Human Development Index) – und Mosambik ist derzeit eines der fünf ärmsten Länder der Welt mit dem niedrigsten HDI. Die Verbitterung über die jahrzehntelange Vernachlässigung hat einen fruchtbaren Boden für die Rekrutierung von Jugendlichen ohne Hoffnung und Zukunft für den Aufstand geschaffen. Die Einheimischen (insbesondere in Palma, wo sich die TOTAL-Anlage befindet) beklagen, dass die sozialen Investitionen der Unternehmen den Gemeinden kaum oder gar nicht zugutekommen. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Aufstand zurückgehen wird, wenn die lokale Bevölkerung greifbare Vorteile und echte Verbesserungen ihrer Lebensumstände sieht.

Warum hat es die Regierung in Mosambik nicht geschafft, die Islamisten zu besiegen, und braucht plötzlich die Unterstützung der EU? Auch russische Söldnertruppen wie Wagner und südafrikanische Söldner konnten die Islamisten nicht besiegen – sind die Rebellen so stark?

Es fehlt völlig an politischem Willen. Es gibt Behauptungen, dass es gut vernetzte politische Eliten im Lande gibt, die direkt von der Situation profitieren und ein Interesse an ihrer Fortsetzung haben. Die mosambikanischen Truppen sind undiszipliniert, schlecht bezahlt und demoralisiert. Aufgrund zahlreicher Gräueltaten an der Zivilbevölkerung (über die in den Medien ausführlich berichtet wird) lebt die lokale Bevölkerung in Cabo Delgado in ebenso großer Angst vor den Regierungstruppen wie vor den Aufständischen. Solange sie nicht das Vertrauen und die Unterstützung der örtlichen Zivilbevölkerung haben, wird es keine Fortschritte geben.

Kann man mit den Islamisten verhandeln oder bleiben sie „gesichtslos“?

Mehr in Gespräch

Natürlich ist das möglich. Sie sind nicht gesichtslos. Ihre Namen sind bekannt. Kommentatoren in Cabo Delgado sagen: „Wir wissen, wer sie sind. Sie sind unter uns aufgewachsen. Wir haben mit ihnen Fußball gespielt.“ Führende politische Persönlichkeiten in Mosambik haben auf Verhandlungen gedrängt und glauben, dass es gute Chancen auf Erfolg gibt. Dazu gehören Joao Feijo (Direktor der Nichtregierungsorganisation Observatorio Meio Rural) und der ehemalige Präsident Joaquim Chissano. Diese Vorschläge wurden von der Regierung abgelehnt. Tatsache ist jedoch, dass es keinen Anreiz gibt, über ein Ende des Konflikts zu verhandeln, solange die Regierung weiterhin große Summen an Finanzmitteln von der EU und den USA erhält.

Wie können andere afrikanische Länder, etwa Nigeria, die Islamisten wirksam bekämpfen?

Wir haben Beweise dafür, dass es Menschen selbst in Nigeria gibt, wo religiöse und stammes bedingte Feindseligkeiten seit langem bestehen und fest verankert sind, die von den Konflikten profitieren. Im Bundesstaat Borno und im Bundesstaat Benue wurden Gebiete, aus denen die Bevölkerung aufgrund von Angriffen aus ganzen Bezirken geflohen ist, nun an Industrielle zum Abbau und zur Schürfung übergeben. Der Schlüssel zur Bekämpfung der Islamisten liegt darin, die lokale Bevölkerung gerecht am Reichtum ihres Landes teilhaben zu lassen, die Profiteure des Konflikts zu ermitteln und zu entlarven sowie Verhandlungen zu führen. Gewalt ist nie, nie, nie eine Lösung.

Fördert der Islam die Bildung solcher Terrorgruppen in Afrika?

Nein. Der Islam als Religion tut das nicht. Das wäre so, als würde man sagen, das Christentum und die Lehren Christi hätten die Kreuzzüge und die spanische Inquisition gefördert.

Warum konzentrieren sich die Anschläge der Islamisten vor allem auf Christen, wie beim Anschlag auf eine Kirche in Nigeria, bei dem rund 100 Menschen getötet wurden?

Diese Frage kann ich nicht abschließend beantworten. Die Kirche in Nigeria ist stark und lebendig. Die Nigerianer sind im Großen und Ganzen fromm in ihrem Glauben. Das zeigt die jüngste Pew-Studie, nach der Nigeria weltweit den mit Abstand höchsten Prozentsatz an täglichen Gottesdienstbesuchern aufweist. Die nigerianischen Katholiken sind ein Bollwerk des Glaubens in einer zunehmend dunklen Welt. Sie sind die einzige Kraft in diesem Land (und in der Demokratischen Republik Kongo, Angola und anderswo), die für ethische und moralische Werte eintritt und einen völligen Abstieg in Chaos und Anarchie verhindert. Daher würden sie von Fundamentalisten – oder jedem, der von Gewalt profitiert – mit Sicherheit als „der Feind“ angesehen, der vernichtet werden muss, um die Macht zu übernehmen.

Waren die Islamisten eigentlich schon vor den 1970er Jahren so aggressiv, als die Missionare überall in Afrika voll auf dem Vormarsch waren?

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Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Nein. Dafür gibt es keine historischen Beweise. Ich bin in den 60er und 70er Jahren in Afrika geboren und aufgewachsen und habe nie etwas davon gehört.