München - Mittwoch, 10. Dezember 2025, 15:30 Uhr.
Der Bischof von Kontagora im Nordwesten von Nigeria, Bulus Dauwa Yohanna, ruft die Bevölkerung nach der Entführung von über 300 Kindern und Lehrkräften einer katholischen Schule dazu auf, keine Selbstjustiz zu üben: „Wir predigen Hoffnung und raten von Vergeltung ab, aber wir verlangen Gerechtigkeit.“ Der Bischof äußerte sich bei einem Besuch des Sicherheitsberaters der nigerianischen Regierung, Nuhu Ribadu, in der Region. In einer Videobotschaft, die er dem päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) übermittelte, sagte Bischof Yohanna: „Unsere Herzen sind gebrochen, aber unser Glaube bleibt fest.“
Am 21. November hatten bislang nicht identifizierte Täter Angaben des Bundesstaates Niger zufolge 303 Schülerinnen und Schüler sowie 12 Lehrkräfte der katholischen St. Mary’s School in der Ortschaft Papiri entführt. Lokale Angaben zufolge gelang 50 Schülern die Flucht, aber nach wie vor sind 253 Kinder und 12 Mitarbeiter in der Gewalt der Entführer. Die meisten der Verschleppten besuchten die Grundschule. Nur wenige Tage zuvor waren im Bundesstaat Kebbi 25 Schülerinnen einer staatlichen Schule entführt worden, diese sind jedoch alle wieder in Sicherheit, wie die nigerianischen Sicherheitsbehörden bestätigen.
Angst vor kriminellen Banden gefährdet Lebensmittelversorgung
Bischof Yohanna steht in Kontakt mit den Eltern der Entführungsopfer aus Papiri, die seelsorgerisch betreut werden. „Die Familien sind in großer Angst, sie wissen nicht, in welchem Zustand sich ihre Kinder befinden.“ Die Kirche verfolge keine politische Agenda, ihre Strategie sei vielmehr „anhaltendes Gebet, seelsorgliche Begleitung und Unterstützung“ für die betroffenen Familien, „in der Überzeugung, dass die Hoffnung selbst angesichts des tiefsten Leids lebendig bleiben muss“. Der Bischof wies im Gespräch mit Regierungsvertretern auch darauf hin, dass die kriminellen Banden die Menschen in der Region in ständige Angst versetzen. Sie trauten sich nicht mehr, ihre Felder zu bestellen, was die Versorgung mit Lebensmitteln gefährde.
Der Nationale Sicherheitsberater Nuhu Ribadu versicherte, dass die Regierung alles daransetze, die Kinder und ihre Lehrer zu befreien. „Das ist das Böse in seiner schlimmsten Form. Aber wir können Ihnen versichern, dass es eine Frage der Zeit ist. Diese Sache wird enden. Wir müssen sie beenden“, erklärte Ribadu und rief gleichzeitig zum Zusammenhalt auf: „Lasst nicht zu, dass schlechte Menschen uns spalten. Das Böse wird niemals gewinnen.“
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Zunehmende Radikalisierung
Nigeria leidet seit Jahren unter Gewalt und Terror. Dschihadistische Gruppen wie Boko Haram oder der Islamische Staat – Westafrikanische Provinz (ISWAP) operieren vor allem im mehrheitlich muslimischen Norden des Landes. Ihre Gewalt richtet sich gegen Christen, aber auch gegen andere Bewohner, die ihrer radikalen Glaubenspraxis nicht folgen.
In zwölf nigerianischen Bundesstaaten ist die Scharia Grundlage der Rechtsprechung; Christen fühlen sich hier als Bürger zweiter Klasse. In anderen Regionen haben Konflikte zwischen radikalen muslimischen Fulani-Hirten und christlichen Landwirten zu zahlreichen Todesopfern geführt. Obwohl es sich hierbei nicht um einen spezifisch religiösen Konflikt handelt, gibt es Anzeichen für eine zunehmende islamistische Radikalisierung.
In ganz Nigeria wiederum sind bewaffnete Gruppen aktiv, die mit Entführungen und Erpressungen ihre Machenschaften finanzieren. Nigeria zählt „Kirche in Not“ zufolge zu den Ländern, in denen am meisten Priester und Ordensleute entführt werden.
„Kirche in Not“ unterstützt die christlichen Gemeinden in Nigeria seit Jahren – unter anderem mit Mitteln für Ausbildung von angehenden Priestern und Ordensleuten, für die Betreuung von traumatisierten und vertriebenen Christen oder für die Arbeit katholischer Schulen, die auch bei Muslimen einen guten Ruf genießen.





