Afrikas Geburtenrate sinkt - Aber für westliche Organisationen nicht schnell genug

Forscher warnt vor Angsmache über Geburtenrate in Afrika, widerspricht demographischen Prognosen der UN

Gläubige bei der heiligen Messe am Schrein der Märtyrer in Namugong (Uganda) am 28. November 2018
Martha Calderon / CNA Deutsch

Auch wenn im Westen immer wieder abschätzig über hohe Geburtenzahlen in Afrika geredet und geschrieben wird: Die Fruchtbarkeitsrate des Kontinents ist vor dem Hintergrund seiner Entwicklung völlig normal. 

Das zeigt eine neue Datenanalyse des Instituts für Familienforschung.

Weltweite Schlagzeilen machte der französische Präsident Emmanuel Macron, als er Ende September bei einer Veranstaltung der Gates Foundation in New York erklärte, dass gebildete Frauen sich nicht dafür entscheiden, große Familien zu haben. "Ich sage immer: 'Zeigt mir die perfekt ausgebildete Frau, die sich dafür entscheidet, acht oder neun Kinder zu bekommen'".

Auch wenn Macron klarstellte, dass er mit seiner Aussage über den Mangel an Bildungsmöglichkeiten in afrikanischen Ländern sprechen wollte: Der Schuss ging mächtig nach hinten los. Die Äußerungen des Politikers lösten weltweit Proteste gebildeter Frauen aus, von denen viele sich entschieden haben, eine kinderreiche Familie zu wollen.

Eine Professorin und achtfache Mutter der Catholic University of America startete mit dem Hashtag #PostcardsforMacron eine weltweite aufgegriffene Aktion in den Sozialen Medien, bei denen hochgebildete Frauen aus verschiedenen Ländern Fotos ihrer kinderreichen Familien teilten. 

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In einer diese Woche veröffentlichten, neuen Analyse wird nun auch mit dem Klischee vom allzu fruchtbaren Afrika aufgeräumt.

Tatsächlich haben die meisten Länder Afrikas eine Fruchtbarkeitsrate, die im Kontext von Faktoren wie Entwicklungsstand und Kindersterblichkeit völlig normal sind, so der Befund.

Für den Forscher Lyman Stone vom Institut für Familienstudien ist klar: "Was hier wirklich vor sich geht, ist ganz einfach. Demographen der Vereinten Nationen haben wiederholt ihre Prognosen afrikanischer Fruchtbarkeit in mehr oder weniger die gleiche Richtung versemmelt, und anstatt eine gute Erklärung dafür zu geben, warum das so ist, reagiert die Entwicklungsgemeinschaft darauf so, dass sie Afrikaner dafür verantwortlich macht, Kinder zu bekommen".

So prognostizierte die UN im Jahr 2008 noch, dass die Fruchtbarkeitsrate in Afrika bis 2050 auf etwa 2,5 Kinder pro Frau sinken würde, knapp über einer nachhaltigen Rate für eine stabile Bevölkerung, die bei etwa 2,1 bis 2,3 Kindern pro Frau liegt.

Aber 2017 prognostizierte die UN, dass die Fruchtbarkeitsrate in Afrika bis 2050 stattdessen etwa 3,25 Kinder pro Frau betragen werde.

(Zum Vergleich: Deutschland hat eine Geburtenrate von 1,5 Kindern pro Frau.)

"Man könnte meinen, dass die Fruchtbarkeit Afrikas steigt! Aber so ist es nicht! Die Geburtenrate sinkt".

Zwischen 1965 und 2015 ging die Geburtenrate in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara von fast 7 Kindern pro Frau auf etwas weniger als 5 Kinder pro Frau zurück. Der Rückgang war gering, und langsam, aber stetig - und nicht so dramatisch, wie einige westliche Gruppen gehofft hatten, stellt der Forscher vom Institute for Family Studies weiter fest.

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"Mit anderen Worten, Macrons Kommentare über 6 oder 7 oder 8 Kinder sind völlig irrelevant", so Stone.

"Afrikas 'Problem', was die Demographen der UN betrifft, ist nicht, dass Frauen heute sieben Kinder haben; es ist vielmehr, dass Frauen heute einmal in 40 Jahren drei Kinder haben, wo sie doch nur zwei hätten bekommen sollen."

Die Beschwerde, dass die afrikanische Bevölkerung und die Fruchtbarkeitsraten hoch sind, ist nicht neu, stellte Stone fest - "es ist Teil des rassistischen Kolonialismus der alten Schule. Koloniale Regime versuchten oft verschiedene unmenschliche Maßnahmen, um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren. Es ist nicht verwunderlich, dass die Nachfolger kolonialer Regime, die als Gutachter für die Familienplanung fungieren, die gleichen Bedenken haben."

Ein Faktor, der bei der "Angstmache" derjenigen ignoriert wird, die sagen, dass die afrikanischen Fruchtbarkeitsraten zu hoch sind, ist die Kindersterblichkeit, betont Stone.

Wenn man die Kindersterblichkeit mit in Betracht zieht, sind die Fruchtbarkeitsraten in den meisten afrikanischen Ländern normal, schrieb Stone.

"Das Hinzufügen von Kontrollvariablen für die Urbanisierung oder die Abhängigkeit von Landwirtschaft oder natürlichen Ressourcen ändert nichts an der Geschichte. Die afrikanische Fruchtbarkeit sieht für ihren Entwicklungsstand ziemlich normal aus", so der Forscher, auch im Vergleich mit ähnlichen Ländern in Asien, die etwas niedrigere Fruchtbarkeitsraten haben, und Ländern in Lateinamerika, die höhere Fruchtbarkeitsraten haben.

Ohnehin, so Stone, ist Afrika ein sehr großer und vielfältiger Kontinent: Die Fruchtbarkeitsraten variieren stark zwischen verschiedenen Ländern.

Darüber hinaus muss der Vergleich der Fruchtbarkeitsraten zwischen den Entwicklungsländern auch berücksichtigen, welche Arten von Familienplanungsstrategien in diesen Ländern umgesetzt werden, betont der Autor.

Während westliche Organisationen wie die Gates Foundation beteuern, es gehe ihnen darum, dass die Familienplanung in afrikanischen Ländern die Freiheit der Frauen respektiert, wollen sie gleichzeitig, dass Fruchtbarkeitsraten in Afrika genauso dramatisch sinken wie in Ländern wie China oder Indien: Länder, in denen unmenschliche Praktiken wie die "Ein-Kind-Politik" oder Zwangssterilisationen durchgeführt wurden.

Tatsächlich, fügt Stone hinzu, ist es unklar, warum westliche Organisationen meinen, dass sie überhaupt ein Mitspracherecht haben sollten, was die Zahl der Kinder afrikanischer Frauen betrifft.

"Die westlichen Länder sollten eigentlich ihre Lektion gelernt haben: Es ist an der Zeit, nicht mehr so zu handeln, als ob afrikanische Politik von London, Paris oder Seattle aus gemacht werden könnte. Ehrlich gesagt, haben westliche Organisationen kein Recht und keine moralische Glaubwürdigkeit, sich einzumischen und afrikanischen Frauen zu sagen, was sie mit ihrem Körper machen sollen. Wir wären viel besser dran, wenn wir nach Wegen suchen würden, unsere eigenen Fruchtbarkeitsprobleme zu lösen."

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original von AC Wimmer.

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