Angeblich wegen Coronavirus: Wallfahrten zur Gottesmutter von Sheshan in China verboten

Traditioneller Termin für chinesische Katholiken fällt aus - Behörden berufen sich auf Covid-19-Pandemie

Basilika von Sheshan
Wikimedia gemeinfrei

Die traditionellen Wallfahrten zum Heiligtum Unserer Lieben Frau von Sheshan in China dürfen in diesem nicht stattfinden. Das berichtet ACI Stampa, die italienischsprachige Schwesteragentur von CNA Deutsch.

Der Coronavirus-Notstand habe dazu geführt, die Wallfahrten wegen der gesundheitlichen Risiken abzusagen, so die offizielle Begründung. Was die kommunistische Partei anderweitig noch nicht geschafft hat, schafft nun die Ausbreitung des Virus - oder zumindest der Vorwand. Denn andere öffentliche Einrichtungen in der Region dürfen geöffnet bleiben, berichten Beobachter.

Nach Sheshan kommen - gegen den wachsenden Widerstand der Behörden - sowohl die Katholiken der "Untergrundkirche" als auch manche der "patriotischen" Staatskirche, die der Kommunistischen Partei unterstellt ist. 

Die Wallfahrt hat eine große symbolische Bedeutung im Angesicht der Spaltung, die sich durch die umstrittene Politik des Vatikans mit der Volksrepublik verschlimmert hat. Das Heiligtum und das Gebet der Pilger dorthin ist einigender Bezugspunkt, geschichtlicher Identitätsstifter und bedeutendes Wahrzeichen für die Katholiken in China. Papst Benedikt XVI. hatte in seinem Brief an die chinesischen Katholiken aus dem Jahre 2007 den 24. Mai - "den liturgische Gedenktag der Allerseligsten Jungfrau Maria unter dem Titel Hilfe der Christen – die sich im Marienheiligtum von Sheshan in Shanghai so großer Verehrung erfreut" zum Gebetstag für die Kirche in China erwählt.

Die Katholiken Chinas haben immer nach Sheshan geschaut. Sie haben es getan, wenn die Verfolgungen stark waren, so wie heute mit schweigender Billigung Roms; sie haben es getan, wenn die Regierung den Griff etwas lockerer ließ. Bekanntlich gibt es eine "vorläufige" Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und China. Sie betrifft offenbar die Ernennung der Bischöfe, auch wenn der Inhalt geheim ist. Der von Menschenrechtlern scharf verurteilte Deal soll trotz verheerender Konsequenzen für die verfolgten Christen im kommenden August durch Kardinal Pietro Parolin erneuert werden, heißt es im Vatikan.

Während Bischöfe der Untergrundkirche verfolgt werden und Klöste wie Kirchen abgerissen, werden von der Regierung zugelassene katholische Kirchen geschlossen, sind jedoch nur für Erwachsene geöffnet und stehen unter massivem Druck der Regierung, Grundlagen des katholischen Glaubens zu leugnen und zensieren -- und gleichzeitig den chinesischen Nationalismus und die "Liebe zur Partei" in Predigten offiziell zu fördern.

Der Vatikan ist über diese Zustände informiert. Das Abkommen ermöglicht Experten zufolge die eskalierende Sinisierung durch Xi Jinping, der will, dass alle Religionen Teil der chinesischen Machtpolitik sind – und letztendlich handelt es sich um eine Vernichtungsmaßnahme: Es gibt Verfolgungen, Kreuze werden entfernt und christliche Gebäude "ausradiert". Von einem institutionellen Dialog, der hoffen lässt, fehlt jede echte Spur. Vielmehr zeigt das Schicksal der muslimischen Uiguren und anderer religiöser Gruppen, dass die KP auch vor brutaleren Maßnahmen nicht zurückschreckt, um die "Sinisierung" durchzusetzen.

Die Marienverehrung geht auf die Mission des Jesuitenpaters Matteo Ricci zurück. Matteo Ricci wurde am 22. Januar 1601 vom Kaiser empfangen und brachte 12 Geschenke mit, darunter eine Kopie des Bildes Maria Salus Populi Romani, das in der Basilika Santa Maria Maggiore in jener Kapelle aufbewahrt wird, in der der heilige Ignatius von Loyola seine erste heilige Messe gefeiert hatte.

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Die Missionare waren es auch, die den Kult in Sheshan beförderten. Sie kauften den Hügel im Jahre 1863 und legten 1870 das Gelübde ab, sie würden dort eine Basilika errichten, wenn die Gottesmutter die Diözese inmitten blutiger Aufstände beschützen würde.

Die Muttergottes erhörte das Gebet und ein Jahr später wurde der Grundstein für jenes Gebäude gelegt, das die erste Marienbasilika in Asien wurde. Papst Pius IX. gewährte den Gläubigen, die das Heiligtum besuchen, einen vollkommenen Ablass. 1894 gab es so viele Wallfahrten, dass man beschloss, eine neue Kirche zu bauen.

1924 entschied die erste chinesische Synode, die vom apostolischen Delegaten Celso Costantini in Shanghai einberufen wurde, die Madonna von Sheshan zur "Königin von China" zu ernennen.

Das Fest Unsere Lieben Frau von Sheshan wird am 24. Mai, dem Gedenktag Maria, Hilfe der Christen, gefeiert. Wie bereits erwähnt, wählte Benedikt XVI. diesen Tag zum Gebetstag für die Kirche in China. Im Jahr 2008 verfasste der nunmehr emeritierte Papst ein besonderes Gebet zur Muttergottes von Sheshan.

Nichts konnte die Pilger bislang aufhalten. Aber die Diözese von Shanghai hat letzte Woche verkündet, dass alle Wallfahrten zum Nationalheiligtum Chinas vorerst eingestellt werden.

Die entsprechende Mitteilung wurde am 13. April 2020 veröffentlicht und betont dass sich "die Coronavirus-Epidemie in allen Teilen der Welt ausbreite" und man deshalb versuche müsse "Ansammlungen von Menschen, die eine mögliche Rückkehr des Virus provozieren könnten, zu vermeiden, um mit den örtlichen Behörden für die Eindämmung der Epidemie zusammenzuarbeiten."

Es ist das erste Mal, dass das Heiligtum von der Kirche selbst geschlossen wird. Seit 2008 haben sowohl das Amt für religiösen Angelegenheiten als auch die Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung die Wallfahrten der chinesischen Katholiken nach Sheshan jedoch bereits behindert und erschwert.

Die staatlich anerkannte Diözese Shanghai hat bekanntgegeben, sie werde die Pilger nicht empfangen. Man solle doch daheim beten, so das Bistum.

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