Essen, 15 November, 2018 / 11:41 AM
Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, hat den Mitgliederschwund beklagt und vor dem Kirchenaustritt gewarnt. In einem Interview mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) macht er als Ursache für den Missbrauchsskandal und die hohen Austrittszahlen unter anderem die moralischen Ansprüche der Kirche verantwortlich.
"Die katholische Kirche hat jahrzehntelang von einem hohen Ross herunter den Menschen gesagt, wie sie zu leben haben, gerade im Bereich der Sexualmoral", so Pfeffer.
Der Generalvikar spricht von einem "System", das sexuelle Gewalt begünstige. Mit Verweis auf die im September veröffentlichte Missbrauchsstudie erinnert Pfeffer daran, dass die Forscher dort das katholische Priesteramt dafür verantwortlich sähen, dass es mit seiner Begrenzung auf das männliche Geschlecht eine "machtvolle hierarchische Sonderwelt" schaffe: "Auch der Pflichtzölibat wird problematisiert, weil der hohe Anteil an Priestern unter den Tätern auffallend ist." Für den Essener Generalvikar ist die Frage nach der Abschaffung des Zölibats deshalb verständlich:
"Das hat natürlich viele Gründe – aber es wäre naiv zu glauben, der Zölibat wäre keiner davon. Sie merken also, dass ich Sympathie für die Forderung habe."
Dass Frauen vom Weiheamt ausgeschlossen werden, sei zudem in der heutigen Zeit nicht mehr vermittelbar.
Im Bezug auf den Schutz des menschlichen Lebens erklärte Pfeffer, dass er "als Mann, der nie Vater geworden ist", kein Recht habe, ein "drastisches moralisches Urteil zu fällen". Dabei beruft er sich auf Papst Franziskus und dessen Aussage, die Kirche dürfeihre Moral nicht wie einen Felsblock auf die Menschen werfen.
Gleichzeitig beklagt der Essener Generalvikar die hohe Austrittsbereitschaft der jungen Generationen: "Die Leute laufen uns bereits in Scharen davon". Vor dem Kirchenaustritt warnt er:
"Das ist für uns bedrohlich, weil unser Bistum so abhängig von der Kirchensteuer ist."
Seine Warnung begründet er damit, dass man nicht einzelne Bischöfe oder eine anonyme Institution abstrafe, sondern das Leben in den Gemeinden, Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen schwäche. Auf die Frage, wie er Kirchenkritiker zum Bleiben bewegen wolle, weist Pfeffer auf die sozialen Errungenschaften der Kirche hin: "Nach wie vor finden viele Menschen in unseren Kirchen konkrete Lebenshilfe, finden Gemeinschaft und nicht zuletzt Werte und Orientierungen, die für unser Zusammenleben von großer Bedeutung sind."
Angesprochen auf die Kritik, die Klaus Pfeffer für seine Aussagen immer wieder einstecken muss, antwortet er: "Vereinzelt habe ich im Internet schon mal aus konservativen Kreisen kritische Kommentare wahrgenommen, die meine Position für 'bedenklich' halten. Aber das ist eine Minderheit." Mehrheitlich bekomme er derzeit sehr berührende Zuschriften von Menschen, die in der Kirche ihre Heimat haben, aber gleichzeitig mit ihr hadern. "Sie verstehen mich und ich verstehe sie", so der Generalvikar.
Das vollständige WAZ-Interview finden Sie hier.
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