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Primat des Gewissens: Woran der selige Franz Jägerstätter heute Christen erinnert

Von den Nazis hingerichtet, weil er nicht für Hitler kämpfen wollte: Der selige Franz Jägerstätter (1907-1943)

"Alleine gegen Hitler. Franz Jägerstätter, das Primat des Gewissens" ist der Titel eines neuen Buchs des Bozner Journalisten und Schriftstellers Francesco Comina über den österreichischen Seligen, der sich weigerte, in die Wehrmacht einzutreten, weil er wusste, dass die Ideologie des Nationalsozialismus unvereinbar mit dem christlichen Glauben ist.

"Ich glaube, dass Gott mir deutlich genug gezeigt hat, dass ich mich entscheiden muss, ob ich ein Nazi oder ein Katholik sein will", schrieb Jägerstätter prophetisch im Januer 1938, wenige Monate vor der Volksabstimmung über den "Anschluss", bei der der Bauer aus dem oberösterreichischen Dorf St. Radegund als einziger Einwohner mit "Nein" stimmte.

Franz Jägerstätters radikale Entscheidung führte zu seiner Festnahme und Haft im selben Gefängnis wie Dietrich Bonhoeffer, der berühmte Theologe, mit dem er in seinem Denken und seiner Reflexion über die Ursprünge des Nationalsozialismus eine bemerkenswerte Affinität hatte, auch wenn Franz ein einfacher Bauer war. Franz Jägerstätter, der am 9. August 1943 in Tegel enthauptet wurde, hinterließ seine Frau Franziska und drei Töchter, die viele Jahre warten mussten, bis der tapfere Ehemann und vorbildliche Vater weder als "Verräter" von den Ideologen diffamiert oder angestregt verschwiegen wurde.

Die Geschichte von Franz ist wirklich paradigmatisch, wie Francesco Comina erzählt: "Als ich dieses Buch schrieb, schloss ich die Augen. Dann habe ich angefangen zu schreiben und mich in die Figur hineinversetzt. Franz erschien mir lebendiger denn je, aktueller denn je. Seine Worte sprechen nicht nur von der Absurdität des Krieges und dem Fluch einer kleinlichen und götzendienerischen Macht. Sie sprechen von Wahrheit, Würde, Autonomie, Respekt, Solidarität und Liebe. Ohne zu zögern. Ohne Verteidigungsmittel. Franz hat die Authentizität der Glaubensbotschaft radikalisiert: die gewaltlose Kraft eines Gewissens, das von den edelsten Werten durchdrungen ist, die sich aus einer unvermittelten Lektüre der Heiligen Schrift ergeben. So wie es in der christlichen Geschichte der Prophetie immer der Fall war".

Warum ein Buch über Franz Jagerstätter?

Im Jahr 2015 wurde ich eingeladen, auf dem Bauernhof von Franz Jägerstätter in St. Radegund in Österreich zu sprechen. Es waren die Tage des Gedenkens an seinen Tod (9. August 1943). Ich wurde von den Organisatoren aufgefordert, eine ähnliche Geschichte zu erzählen, nämlich die eines Südtirolers, Josef Mayr-Nusser, ebenfalls ein Familienvater, der den Eid auf Hitler verweigerte und zum Tode verurteilt wurde. Ich hatte ein Buch über den jungen Südtiroler geschrieben mit dem Titel 'The Man Who Said No to Hitler'.

Ich sprach in der Stube des Hauses von Franz Jägerstätter, dem Wohnzimmer, in dem er seinen persönlichen Widerstand entwickelt hatte. Ich habe mir vorgestellt, wie dramatisch diese Entscheidung gewesen sein muss: das Weinen, das Seufzen, die emotionale Spannung, die Wut von Franz und seiner Frau Franziska, das Weinen der drei kleinen Mädchen. Ich habe diese Erfahrung mitgenommen, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, ein Buch zu schreiben, wenn der Redaktionsleiter von Emi, Lorenzo Fazzini, mich nicht zweimal, zwischen 2019 und 2020, gebeten hätte, diese Geschichte zu schreiben, damit sie mit dem Kinostart von Terrence Malicks wunderbarem Film Hidden Life in der ganzen Welt zusammenfällt. Beim ersten Mal habe ich Nein gesagt, beim zweiten Mal habe ich zugesagt.

Was bedeutet es, dem Gewissen den Vorrang zu geben?

"Es bedeutet, die ethischen Werte über alles andere zu stellen, es bedeutet, gewalttätigen und ungerechten Befehlen nicht zu gehorchen, es bedeutet, die Würde der menschlichen Person und die Autonomie des persönlichen Urteils inmitten einer absurden und grausamen Geschichte zu schützen. An vielen Stellen seiner Schriften beruft sich Franz auf das Primat des Gewissens und ruft der Welt seine Wahrheiten zu, aber die Welt überdeckt die Worte des Weisen mit Lärm, und er wird von einer Masse, die blindlings der Anbetung eines heidnischen Gottes ergeben ist, allein gelassen und lächerlich gemacht".

Auf welche Weise leistete er Widerstand gegen Hitler?

"Auf jede erdenkliche Weise. Zunächst beobachtete er, was um ihn herum geschah (Franz wusste von den Konzentrationslagern, dem Euthanasieprogramm für Behinderte und Schwache, den Deportationen...), dann diskutierte er mit Priestern, Freunden und Verwandten über den großen Widerspruch zwischen Christsein und Nazisein, und schließlich übernahm er die Verantwortung für eine öffentliche Reaktion gegen das Regime. Franz war der einzige im Land, der im März 1938 gegen die Volksabstimmung zum Anschluss stimmte, und als er wieder zur Wehrmacht einberufen wurde, sagte er offen, was er dachte, nämlich, dass er niemals an einem antichristlichen und menschenfeindlichen System teilnehmen könne".

Vom Verräter zum Gesegneten: Was war der "Weg zur Rehabilitierung"?

"Es war ein sehr schwieriger und dramatischer Weg. Franz wurde am 9. August 1943 in Berlin guillotiniert und zu einer exemplarischen Strafe verurteilt. Die Guillotine war die Strafe für "Verräter" und Verweigerer aus Gewissensgründen. Ziel dieser Schande war es, auch im Nachhinein jede Spur des Lebens und des Zeugnisses des jungen Mannes zu beseitigen. Auch nach seinem Tod versuchten österreichische Institutionen, Jägerstätter als Fanatiker und Geisteskranken abzutun.

In späteren Jahren wurde von den üblichen Kräften versucht, die Schuld auf seine Frau zu schieben, die für Franz' vermeintlichen 'Wahn' verantwortlich gemacht wurde. Glücklicherweise erkannte ein amerikanischer Soziologe, Gordon Zahn, dass sich in dieser Geschichte eine große Seite des Evangeliums verbarg, und beschloss 1963, sie in einem Buch zu erzählen, das in Amerika auf große Resonanz stieß, auch dank der Vermittlung von Thomas Merton, der die Geschichte von Franz in einem Buch aufgriff.

Von dort sprang die Geschichte auf das Zweite Vatikanische Konzil in der Sitzung über die Kriegsdienstverweigerung zurück und eröffnete die Debatte in Österreich neu. Im Jahr 1983 beschloss der Linzer Bischof, den Seligsprechungsprozess einzuleiten, der 2007 in Anwesenheit von Franziska und ihren drei Töchtern abgeschlossen wurde."

Was ist seine Lehre für die Menschheit?

"Liebe zur Wahrheit, zur Menschenwürde und zum Frieden. Der Glaube kann nicht gegen ein ruhiges Leben oder einfache Kompromisse eingetauscht werden. Erwachsener Glaube erfordert eine Wahl des Bereichs. Es gibt keinen Ersatzgott für alle Zeiten, wie Dietrich Bonhoeffer uns erinnert hat. Franz notiert in einer Passage seiner Tagebücher: Gott hat mir eindringlich gezeigt, dass ich mich entscheiden muss, ob ich ein Nazi oder ein Katholik sein will."

Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur ACI Stampa.

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