Redaktion - Montag, 24. Februar 2025, 11:00 Uhr.
Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), hat am Sonntagabend bald nach den ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl die „demokratischen Kräfte“ aufgefordert, „zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger“ zusammenzuarbeiten.
Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis sind CDU und CSU stärkste Kraft mit 28,6 Prozent der Stimmen. Die AfD kommt mit 20,8 Prozent auf den zweiten Platz. Die bisherigen Regierungsparteien SPD und Grüne landen bei 16,4 und 11,6 Prozent. Außerdem schafft die Linkspartei den Einzug in den Bundestag mit 8,8 Prozent. Sowohl die FDP als auch das BSW scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde.
Weil keine Partei mit der AfD koalieren will, kommt für die Unionsfraktion von Friedrich Merz nur eine Koalition mit der SPD in Frage, um im Bundestag eine absolute Mehrheit zu haben. Auch unter CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel waren 12 von 16 Regierungsjahren in einer Koalition mit der SPD.
„Die stark gestiegene Wahlbeteiligung ist ein gutes Zeichen für unser Land, dass die Demokratie ernstgenommen wird“, konstatierte Bätzing. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,5 Prozent – mehr als sechs Prozentpunkte höher als 2021. Durch die Fünf-Prozent-Hürde werden Millionen Stimmen im Parlament nicht berücksichtigt, darunter fast 2,5 Millionen für das BSW und mehr als 2,1 Millionen für die FDP.
„Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will eine Stärkung der demokratischen Mitte, was sich am Wahlergebnis zeigt“, zeigte sich Bätzing überzeugt. „Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“
Der DBK-Vorsitzende forderte die Parteien auf, zu handeln, „das heißt zuhören, einander verstehen und konstruktiv um gerechte Lösungen ringen und zu Kompromissen bereit sein. Deutschland muss dabei in einem demokratischen Europa eingebunden sein, als rechtsstaatliches, freiheitliches, weltoffenes und solidarisches Land.“
In wohl auf die AfD bezogenen Äußerungen fügte Bätzing hinzu: „Extremistische Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Putins Russland sympathisieren, dürfen nicht den Ton angeben. Gerade angesichts der internationalen Situation wünsche ich mir sehr, dass Europa durch diese Wahl und die neue Regierung gestärkt wird.“
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße – innerhalb der DBK für Flüchtlingsfragen zuständig – sagte am Sonntag, ihn bewege die Frage, wie es angesichts des Ergebnisses „in der politischen Mitte zu einer stabilen Regierungsbildung kommen“ könne.
„Hoffentlich bleiben wir gesellschaftlich beieinander und überwinden die Gräben, die sich in den letzten Wochen gezeigt haben“, so Heße. „Ich wünsche mir eine Regierung, die die Zukunftsthemen unseres Landes wie Wirtschaft, Umwelt und Leben in Würde mutig angeht. Aus meiner christlichen Perspektive müssen soziale Gerechtigkeit und die Integration der Menschen, die zu uns kommen, einen festen Platz auf der politischen Agenda haben.“
Wie Bätzing würdigte auch der Erzbischof von Hamburg die hohe Wahlbeteiligung: „Es zeigt, dass das Interesse am politischen Geschehen gewachsen ist. Es ist zu hoffen, dass ab sofort alle demokratisch gesinnten Politikerinnen und Politiker wieder aufeinander zugehen, um sich gemeinsam und fair für eine stabile und leistungsstarke Demokratie einzusetzen. Die Herausforderungen werden in der nächsten Zeit nicht kleiner.“
Erzbischof Udo Bentz von Paderborn äußerte „die Hoffnung, dass die Regierungsbildung nun zügig und aus einem freiheitlichen und menschenfreundlichen Geist heraus stattfindet. Jetzt gilt es, neue, vor allem stabile demokratische Gestaltungsräume auszuloten, damit die Hoffnung auf Zukunft bei uns wieder stark wird.“
„Unabhängig von politischen Überzeugungen bleibt es unser aller Auftrag, zusammen für das Wohl aller Menschen einzutreten, Brücken zu bauen und respektvoll zuhörend und im Dialog die Zukunft zu gestalten“, betonte Bentz.
Anders als Bätzing erwähnte der Erzbischof von Paderborn die AfD namentlich: „Die besorgniserregende Zunahme der Stimmenanteile für die AfD ist spätestens jetzt ein ernstzunehmendes Warnsignal für unsere Demokratie. Sie darf keinesfalls als bloß statistische Entwicklung abgetan werden. Vielmehr erfordert es ein entschlossenes Handeln von Politik, Zivilgesellschaft und jedem Einzelnen, um den schleichenden Einfluss extremistischer Positionen wirksam zu begrenzen und die demokratischen Werte zu verteidigen.“
Der Würzburger Bischof Franz Jung blickte seinerseits mit „gemischten Gefühlen“ auf das Wahlergebnis: „Auch wenn es keine große Überraschung darstellt, da die Ampelregierung viele Menschen in unserem Land nicht überzeugen konnte, bedeutet es einen deutlichen Rechtsruck. Auch das war zu erwarten gewesen. Die Menschen erhoffen sich verständlicherweise rasche Lösungen für die großen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Probleme unseres Landes.“
„Nun wird es darauf ankommen, eine stabile Regierung zu bilden, die sich als handlungsfähig erweist und zeigt, dass sie gewillt ist, die vor ihr liegenden Herausforderungen anzupacken“, erklärte Jung. „Als Kirche erhoffen wir uns eine Politik, die die Menschenwürde, die Nächstenliebe und den Zusammenhalt in unserem Land stärkt, gerade vor dem Hintergrund einer sich dramatisch verändernden Weltlage und eines Europas, das um den Zusammenhalt ringt.“