Aus finanziellen Gründen: Bistum Mainz übergibt Schulen staatlicher Trägerschaft

Der neue Bischof von Mainz: Peter Kohlgraf
Bistum Mainz

Die Glaubenskrise in Deutschland macht sich nun auch immer mehr finanziell bemerkbar. Obwohl die Katholische Kirche in Deutschland im letzten Jahr noch einen neuen Rekord an Kirchensteuer-Einnahmen verzeichnen konnte, wird sich die die finanzielle Situation der deutschen Bistümer in den kommenden Jahren verschärfen, prognostizieren Experten.

Auch im Bistum Mainz rechnet man mit finanziell schweren Zeiten und hat deshalb beschlossen, fünf katholische Schulen, die bislang unter der Trägerschaft der Kirche standen, aufzugeben und drei Tagungshäuser zu schließen. Damit erhofft sich die Bistumsleitung um Bischof Peter Kohlgraf, den zu erwartenden harten Aufprall etwas abzufedern.

"Die Katholischen Kirche in Deutschland befindet sich in einem Umbruch", so der Bischof in seinem Statement am gestrigen Mittwoch. "Die Ursachen dafür sind vielfältig. Ich nenne den Vertrauensverlust vieler Menschen zur Kirche nach dem Aufdecken des Missbrauchsskandals. Ich nenne den Wandel hin zu einer säkularen Gesellschaft, seit Jahrzehnten schwindet die Bindung zur Kirche."

Das Bistum werde "schmerzhafte Einschnitte" vornehmen müssen, so Kohlgraf weiter. Bei fünf der 18 katholischen Schulen in seiner Diözese soll die Trägerschaft "nicht fortgeführt, bei einer die Konzeption verändert werden", erklärte er. Man sei derzeit in Gesprächen zur Übernahme der Trägerschaften, der Wechsel soll zum Schuljahr 2022/23 erfolgen. Zudem möchte man drei Tagungshäuser des Bistums Mainz schließen, gleichzeitig aber "die übrigen Tagungshäuser stärken und profilieren", so die Bistumsleitung.

Die Neustrukturierung sei "unvermeidlich", betonte Kohlgraf. Auch eine künftige Zusammenlegung der insgesamt 134 "Pastoralen Einheiten" zu lediglich 50 Großraum-Pfarreien falle unter diese Notwendigkeit. Mit Blick auf die mittel- und langfristige Entwicklung der Kirche sei dies "ein verantwortungsvoller Weg". Kohlgraf wörtlich:

"Denn wir gestalten den Wandel unserer Kirche. Wir gestalten die Zukunft unseres Bildungs- und Tagungsbereiches zu einer Zeit, in der wir noch gestalten können. Und nicht erst dann, wenn uns fehlende finanzielle Mittel dazu zwingen."

Generalvikar: "Das Bistum lebt über seine Verhältnisse"

Durch den Wechsel in der Trägerschaft der betroffenen Schule und mit der Schließung von drei Tagungshäusern rechnet das Bistum Mainz mit einer jährlichen Einsparung von etwa 15 Millionen Euro. Weihbischof Udo Markus Bentz, der gleichzeitig Generalvikar des Bistums ist, räumte ein, dass der Haushalt des Bistums "seit mehreren Jahren defizitär" sei und man deshalb schrittweise bis zu 25 Prozent der Ausgaben einsparen müsse. Bentz wörtlich:

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"Das Bistum lebt über seine Verhältnisse."

Im aktuellen Haushaltsjahr 2020 rechne man "mit einem negativen Ergebnis von rund 32 Millionen Euro". Wegen der Coronavirus-Pandemie und der Rezession in Deutschland müsse man für das Jahr 2021 sogar einen Verlust von rund 42 Millionen Euro einkalkulieren.

Nach den Planungen der Bistumsleitung sollen die Liebfrauenschule in Bensheim und die Hildegardisschule in Bingen, die Martinus-Grundschule in Mainz-Gonsenheim sowie das Ketteler-Kolleg in Mainz einen neuen Träger bekommen. Für das Theresianum in Mainz soll eine eigene Trägerkonstruktion geschaffen werden. Die Grund- und Realschule plus in der Weißliliengasse in Mainz soll hingegen ihre Konzeption verändern. "Es ist geplant, den Realschulzweig ausbauen und diesen von einer zweizügigen zu einer dreizügigen Schule zu erweitern. Der Grundschulzweig der organisatorisch verbundenen Schule wird sukzessive verkleinert und wird ab dem Schuljahr 2022/23 keine neuen Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen", so Bentz.

Drei Tagungshäuser geschlossen

Bereits Ende 2020 soll das Haus St. Gottfried in Ilbenstadt geschlossen werden, zwei Jahre später werden das Haus am Maiberg in Heppenheim und das Kardinal-Volk-Haus auf dem Rochusberg in Bingen folgen.

Wie der Generalvikar erklärte, haben neben der finanziellen Schieflage auch eine "Konzentration und Neuausrichtung der pastoralen Arbeit" zur Schließung geführt.  Im Kloster Jakobsberg möchte man deshalb in Zusammenarbeit mit den Missionsbenediktinern von St. Ottilien ein geistliches Zentrum für die Diözese Mainz entwickeln.

Vorerst mehr Einnahmen trotz gestiegener Austrittszahlen

Deutschlandweit sind im letzten Jahr die Kirchensteuer-Einnahmen angestiegen, obwohl immer mehr Menschen offiziell aus der Kirche austreten.

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Alleine im vergangenen Jahr hat die Kirche in Deutschland 100 Millionen Euro mehr eingenommen als noch im Jahr 2018. Damals waren es offiziell 6,643 Milliarden Euro.

Laut der Broschüre "Katholische Kirche in Deutschland – Zahlen und Fakten 2019/20" erhielt die Kirche im Jahr 2019 insgesamt 6.760.822.900 Euro durch die Kirchensteuer.

Gleichzeitig hatte die Kirche einen neuen Rekord zu verschmerzen: 2019 traten mehr Katholiken aus der Kirche aus als je zuvor, wie CNA Deutsch berichtete. Insgesamt 272.771 Katholiken kehrten 2019 der Kirche in Deutschland den Rücken.

Trotz der vorerst gestiegenen Kirchensteuer-Einnahmen ist die Finanzkraft vieler Diözesen in Deutschland langfristig jedoch gefährdet. So gehen beispielsweise auch das Erzbistum Hamburg und das Bistum Trier mit einem Schuldenberg in das Jahr 2020. Wegen der Corona-Krise werden weitere finanzielle Einbußen erwartet, wie einige Bistümer bereits bestätigten.

Eine ausführliche Analyse zu den Verteilungskämpfen nach der Corona-Pandemie lesen Sie hier.

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