Papst Franziskus trifft irakische Katholiken in Kirche, die 2010 Terror-Attacke erlitt

Papst Franziskus bei der Begegnung mit Ordensleuten, Katecheten und Klerikern in der Kathedrale Unserer Lieben Frau der Erlösung in Bagdad am 5. März 2021.
Colm Flynn / CNA Deutsch

Papst Franziskus hat sich zum Auftakt seiner Irak-Reise Katholiken in einer Kirche getroffen, in der islamische Terroristen vor wenigen Jahren noch ein Blutbad anrichteten. Dabei würdigte das Oberhaupt der Katholischen Kirche am 5. März das Zeugnis der Märtyrer – wie der im Land verbliebenen Gläubigen.

Die syrisch-katholische Kathedrale Unserer Lieben Frau der Erlösung, auch bekannt als Sayidat al-Nejat, war 2010 Schauplatz eines Selbstmordanschlags des Islamischen Staates während der Sonntagsmesse. Dabei starben über 50 Menschen.

Die Terroristen töteten zwei Priester und nahmen mehr als 100 Geiseln, bevor irakische Sicherheitskräfte mit Unterstützung der US-Streitkräfte die Kirche stürmten. Der Seligsprechungsprozess für die 48 Katholiken, die in der Kirche starben, wurde im Oktober 2019 von der Diözese auf den Vatikan übertragen.

Die Kathedrale war auch eine von sechs Kirchen, die im August 2004 bombardiert wurden, als fünf Autobomben in Bagdad und eine in Mossul in Fahrzeugen gezündet wurden, die vor Kirchen geparkt waren. Dabei wurden insgesamt 12 Menschen getötet und über 70 verletzt.

"Ihr Tod erinnert uns nachdrücklich daran, dass Anstiftung zum Krieg, Haltungen des Hasses, Gewalt und  Blutvergießen mit den religiösen Lehren unvereinbar sind", betonte Papst Franziskus am heutigen Freitag gegenüber Ordensleuten, Katecheten und Klerikern in der Kathedrale Unserer Lieben Frau der Erlösung in Bagdad.

Gleichzeitig gedachte der Pontifex aller "Opfer von Gewalt und Verfolgung, welcher religiösen Gemeinschaft sie auch angehören": Ein klares Signal der Versöhnung und des Dialogs, die unter dem Motto der Brüderlichkeit – in offiziellen Übersetzungen "Geschwisterlichkeit" – der Grundtenor dieser Reise ist, die ihn vom 5. bis 8. März von Ausgrabungen historischer biblischer Stätten, die tausende Jahre alt sind, zu weiteren Kirchen führen wird, in denen Katholiken erst vor ein paar Jahren schreckliche Terroranschläge erlitten.

Bei den zudem geplanten Treffen mit irakischen Politikern und prominenten muslimischen Geistlichen wird der Papst in etwas mehr als drei Tagen knapp 1500 Kilometer in einem Land zurücklegen, dass nicht nur vom islamischen Extremismus, sondern auch einer Eroberung und Okkupation durch die USA und ihre Verbündeten, durch konfessionelle Gewalt, Korruption und Missstände schwer geprüft worden ist.

"In den letzten  Jahrzehnten habt ihr und eure Mitbürger euch den Folgen des Krieges und der Verfolgungen stellen müssen  wie auch der unzureichenden Grundinfrastruktur und dem stetigen Kampf um wirtschaftliche und persönliche Sicherheit, der oftmals zu internen Vertreibungen und zur Migration vieler, auch von Christen, in andere Länder der Erde geführt hat", sagte der Pontifex am 5. März.

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Er danke auch den Priestern und Bischöfen, die ihrem Volk nahe blieben, fuhr Franziskus fort. "Ihr habt euch bemüht, die Bedürfnisse der  Menschen zu befriedigen, und habt jedem geholfen, seinen Beitrag im Dienst am Gemeinwohl zu leisten". 

Die Bischöfe mahnte der Papst nicht "Manager oder Verwalter" von Priestern zu sein, sondern väterlich ihr Amt auszuüben – wörtlich "als Väter, die darum besorgt sind, dass es  ihren Söhnen gut geht, und bereit sind, ihnen offenen Herzens Unterstützung und Ermutigung zu bieten". 

Vor dem Hintergrund der brodelnden Kirchenkrise räumte der Papst ein, dass nicht nur durch äußere Verfolgung die Gemeinschaft der Gläubigen schwer geprüft wird. Und er rief alle seine Zuhörer – nicht nur die im Dom versammelten Besucher – erneut zur Evangelisierung auf: "Hirten und Gläubige, Priester, Ordensleute und Katecheten teilen, wenn auch auf verschiedene  Weise, die Verantwortung, die Sendung der Kirche voranzubringen. Zuweilen mögen Missverständnisse  auftreten und können wir Spannungen erleben", so der Papst wörtlich. Doch diese "Knoten können von der Gnade, von einer größeren Liebe gelöst werden; sie können von der  Vergebung und dem geschwisterlichen Dialog aufgeschnürt werden", sagte Franziskus.

Zuvor hatte er – direkt nach seiner Landung in Bagdad – in einer Rede vor zivilen Autoritäten betont, dass alle Religionen im Dienst des Friedens stehen sollten, ja, müssen.

In Zukunft müssten mit Dialog und Schutz der Gerechtigkeit dagegen wieder eine Koexistenz der Religionen errungen werden, forderte Franziskus.  "Das geschwisterliche Zusammenleben erfordert einen geduldigen und aufrichtigen Dialog, der von  der Gerechtigkeit und der Achtung des Rechts geschützt wird", fuhr Franziskus fort.

Dies sei keine leichte Aufgabe. "Es braucht dazu das Bemühen und den Einsatz aller, Rivalitäten und Gegensätze zu überwinden und ausgehend von  unserer tieferen Identität als Kinder des einen Gottes und Schöpfers miteinander zu sprechen", sagte der Papst.

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