Glaubensfreude, Ermutigung und Euphorie, teilweise aber auch Unbehagen und Kritik hat die Reise von Papst Franziskus nach Chile und Peru hervorgerufen. Das Risiko dabei: Dass von den wichtigen Botschaften abgelenkt wird, die Franziskus für Latein-Amerika und die ganze Welt hat. Ein durchaus lösbares Problem.

Der zum Teil frostige, sogar offen feindselige Empfang in Chile, der Fall von Bischof Juan Barros, zum Teil negative Presse und geringe Pilgerzahlen aus der Papst-Heimat Argentinien, und dann auch noch ein gut gemeinter, aber nicht sehr geschickter PR-Stunt: All das sind Wermutstropfen in den reinen Wein, den der Papst ja mit seiner Reise einschenkte, und der weder getrübt noch verwässert werden sollte.

Umso wohltuender der frohe Empfang, die würdige Feier der Sakramente und die Millionen begeisterter Gläubiger, darunter ganz persönliche Begegnungen wie diese mit der blinden, 99 Jahre alten Trinidad: 

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Franziskus predigte fünf wichtige Botschaften, die nicht nur Katholiken in Südamerika, sondern weltweit ansprechen und ins Gebet nehmen können.

Erstens:  An erster Stelle steht immer Jesus Christus. Nur er macht wirklich froh, bringt den wahren Frieden und gibt echte Hoffnung, auch und gerade in den stürmischen Phasen des Lebens.

In der übervollen Kathedrale von Santiago de Chile hat Papst Franziskus zu Priestern, Ordensleuten und Seminaristen gesprochen – und sie an ihren Dienst als Menschen geweihten Lebens erinnert: Dem Ruf Gottes zu folgen, nicht eigenen Interesse – gerade in einer von Skandalen und Schwierigkeiten erschütterten Kirche, in einer vom Relativismus angegriffenen Gegenwart – und im Kampf mit der eigenen Sündhaftigkeit.

In Lima am Rande des Angelusgebetes ermutigte er dazu gerade die jungen Katholiken, denen er wörtlich den Ratschlag gab: "wenn ihr entmutigt seid, lade ich euch ein, die Bibel zu lesen und sich an die Freunde zu erinnern, die Gott erwählt hat".

"Moses stotterte; Abraham war ein alter Mann; Jeremia sehr jung; Zachäus von kleiner Statur; die Jünger schliefen ein, als Jesus ihnen sagte, sie sollen beten; Paulus war ein Christenverfolger; Petrus hat ihn verleugnet ... und so könnten wir diese Liste fortsetzen. Welche Entschuldigung werden wir finden?"

Zweitens: Im Leben des Christen steht Gebet vor Handeln (nicht nur für die "Leuchttürme" der Kontemplation). Zumindest muss sich jeder immer erst einmal fragen: "Was würde Jesus an meiner Stelle tun?"

Dieses "Kennwort" des chilenischen Heiligen Alberto Hurtado ist der Schlüssel, das "Passwort", für unsere Beziehung zu Jesus, erklärte Papst Franziskus den Jugendlichen Chiles. Dabei erzählte er eine Anekdote von einem jungen Mann, der ihm einmal sagte, dass er traurig wird, wenn sein Handy stirbt oder keine Verbindung hat, weil er fühlt, dass er "von der Welt abgeschnitten" ist.

Von der Welt abgeschnitten zu sein, ist nicht das Problem, erklärte Franziskus. Das Problem ist, von Jesus abgeschnitten zu sein, denn dann denken Menschen, dass sie nichts wert sind, nichts beizutragen haben, und "ertränken" sogar ihre Gedanken, Träume und Ideen – "so werden wir frustriert und genervt."
Drittens:  Nur wer das tut, der nimmt sich selber nicht zu wichtig, und erkennt auch die Ebenbildlichkeit Gottes im anderen, die unser Handeln bestimmen muss. Besonders gegenüber ArmenSchwachen und Bedürftigen.

Gott ist größer als jeder Mensch, erinnerte der Pontifex die Zuhörer im peruanischen Trujillo am 20. Januar 2018 – auch ein Mensch geweihten Lebens ist nicht der Messias.

"Johannes [der Täufer] verkörpert das Bewusstsein eines Jüngers, der sich bewusst ist, dass er nicht der Messias ist und niemals sein wird, sondern nur einer, der berufen ist, die Anwesenheit des Herrn im Leben seines Volkes hervorzuheben".

Wer über sich selbst nicht lachen kann, der überschätzt sich selbst, so Franziskus, und warnte davor, sich für zu wichtig zu halten. Er sei "sehr traurig", wenn er "einen Bischof, einen Priester, eine Nonne sehe, die verwelkt sind", sagte der Papst. "Und ich fühle mich viel trauriger, wenn ich verwelkte Seminaristen sehe".

Er empfahl seinen Zuhörern, mit der Fürsprache Mariens zu Gott um die Gnade der echten, ansteckenden Freude zu beten aber auch in den Spiegel zu schauen – wenn nötig mehmals täglich – und herzlich zu lachen.

Vierte Botschaft der Papstreise: Das gilt auch für "unser gemeinsames Haus": Der wahre Umweltschutz geht nicht auf Kosten des Menschen, oder gar der Familie und der Nation.

Bei seiner Begegnung mit Völkern des Amazonas prangerte der Papst nicht nur die Zerstörung des Regenwaldes an. Auch der Mensch laufe Gefahr, einer falschen Form von "Umweltschutz" zum Opfer zu fallen, die eine Natur ohne den Menschen im Sinn habe, warnte der Pontifex in Puerto Maldonado, Peru.

Die Natur ist – wie das Gold, dass man dort schürft – kein Götze, und darf nicht vergöttert werden. Dies führe zu Armut und Migration, betonte Franziskus.

Fünftens: So wie wir gut beraten sind, den Weg zu Jesus Christus durch die Heiligen und die Gottesmutter Maria zu gehen, so verdienen Mütter und Großmütter besondere Achtung, und so ist jedwede Gewalt gegen Frauen inakzeptabel.

Bei der Krönung der Muttergottes in der Gestalt Unserer Lieben Frau von der Tür von Otuzco in Peru sagte der Papst wörtlich:

"Die Liebe zu Maria muss uns helfen, eine Haltung der Anerkennung und des Dankes gegenüber Frauen zu schaffen, vor unseren Müttern und Großmüttern, die eine Bastion im Leben unserer Städte sind", sagte Franziskus. In diesem Zusammenhang ermahnte er, Gewalt gegen Frauen nicht zuzulassen.

Soweit, so stark. Was aber mit den kritischen Punkten der Reise? Nicht alle sollten vergessen werden, denn sie bieten die Gelegenheit zu einer wichtigen, weil grundlegenden Lektion – vielleicht eine sechste Botschaft des Papstes: Dass Wort und Tat aus einem Guß sein müssen. Rede und Handlung dürfen nicht auseinanderklaffen, auch und gerade nicht bei Würdenträgern. Und so sollten wir auch leben. Nicht nur die Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, wenn der Eindruck aufkommen sollte, man sage das eine und tue das andere. Daran erinnert auch schon die Jahrhunderte alte Weisheit der Kirche: Lex orandi, lex credendi: Wie wir beten, so glauben wir auch. Und sollten, ja, müssen wir leben.

AC Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch. 

(Dieser Leitartikel wird auch auf Radio Horeb als Wochenkommentar ausgestrahlt.)

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