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Gegen Gender-Theorie, Leihmutterschaft und Abtreibung: Vatikan setzt Ausrufezeichen

Papst Franziskus küsst ein Kind während einer Begegnung mit kranken Kindern am 25. September 2015.

Erneut hat der Vatikan klare Kante gezeigt und Abtreibung, Leihmutterschaft sowie die Gender-Theorie verurteilt. Währenddessen befindet sich der vatikanische Außenminister in diplomatischer Mission. Und im Kleingedruckten ist neuerdings zu lesen, dass der Papst sich wieder als „Patriarch des Westens“ bezeichnet. Ein kurzer Rückblick auf die Woche von Rom-Korrespondent Rudolf Gehrig.

  • Dignitas infinita: Vatikan zeigt erneut klare Kante gegen Abtreibung, Leihmutterschaft und Gender-Theorie
  • Deutsche Reaktionen auf Vatikan-Dokument: „Humanwissenschatliche Erkenntnisse“
  • Für ein Verbot von Leihmutterschaft: Konferenz in Rom
  • Vietnam und der Vatikan: „Außenminister des Vatikan“ in diplomatischer Mission
  • Nachzulesen im Kleingedruckten: Papst nun wieder „Patriarch des Westens“

Klare Kante gegen Abtreibung, Leihmutterschaft und Gender-Theorie

Gut Ding will Weile haben – so heißt es, und so hat man sich im Vatikan fünf Jahre Zeit genommen, um ein Dokument zu entwerfen, das sich mit der Menschenwürde befasst. Im März 2019 wurde beschlossen, mit der Ausarbeitung des Textes zu beginnen. „Ein erster diesbezüglicher Entwurf, der im Laufe des Jahres 2019 mit Hilfe einer Reihe von Experten erarbeitet wurde, wurde von einer eingeschränkten Konsultorenversammlung der Kongregation am 8. Oktober desselben Jahres als nicht zufriedenstellend bewertet“, sagt der Leiter des zuständigen Glaubensdikasteriums, Kardinal Víctor Manuel Fernández.

Doch fünf Jahre später war es soweit: Dignitas infinita heißt das Schreiben, das am vergangenen Montag im Vatikan vorgestellt wurde. Mehr als 75 Jahre nach der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ war man sich angesichts der neuen Herausforderungen sicher: Zum Thema Menschenrechte ist längst noch nicht alles gesagt. Neben eindringlichen Appellen zum Einsatz für Migranten und gegen Armut schreckt der Vatikan nicht davor zurück, die Krankheitssymptome moderner Gesellschaften wie Abtreibung, Euthanasie und Leihmutterschaft klar zu verurteilen.

Eindeutig stellt sich die Kirche mit dem Dokument auch auf die Seite jener Menschen, die „allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert, gefoltert und sogar des Lebens beraubt werden“. Dennoch wird nicht versäumt, vor der sogenannten „Gender-Theorie“ zu warnen, die von Papst Franziskus in der Vergangenheit auch wiederholt als „Gender-Ideologie“ verurteilt wurde. Dignitas infinita beispielsweise wiederholt den vom Papst geäußerten Vorwurf der „ideologischen Kolonisierung“ und unterstreicht:

„Leider haben die Versuche der letzten Jahrzehnte, neue Rechte einzuführen, die nicht ganz mit den ursprünglich definierten übereinstimmen und nicht immer akzeptabel sind, zu ideologischen Kolonisierungen geführt, unter denen die Gender-Theorie eine zentrale Rolle spielt, die sehr gefährlich ist, weil sie mit ihrem Anspruch, alle gleich zu machen, die Unterschiede auslöscht.“

Dignitas infinita (hier das Dokument im Original) stellt außerdem fest, „dass jeder geschlechtsverändernde Eingriff in der Regel die Gefahr birgt, die einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitzt“. Freimütig spricht der Text jedoch auch von vorkommenden „Anomalien“ und schränken ein: „Damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person mit bereits bei der Geburt vorhandenen oder sich später entwickelnden genitalen Anomalien sich für eine medizinische Behandlung zur Behebung dieser Anomalien entscheiden kann. In diesem Fall würde die Operation keine Geschlechtsumwandlung in dem hier beabsichtigten Sinne darstellen.“ 

Kardinal Fernández, der das Dokument während einer Pressekonferenz im Vatikan am Montag vorstellte, resümierte: „Die Kirche hat auch auf die harte Tour gelernt und ist durch schwierige Phasen gegangen.“

Deutsche Reaktionen auf Dignitas infinita

Vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gab es ein vorsichtiges Lob für das neue Vatikanschreiben. Nicht ganz frei von Seitenhieben ließ Bischof Georg Bätzing über die Pressestelle der Bischofskonferenz erklären: „Insgesamt zeichnet sich die Erklärung durch einen sehr konsequenten Argumentationsstrang aus, der ethische Überlegungen und Handlungsorientierungen aus dem Grundkonzept der Menschenwürde ableitet, ohne sich dabei, etwa im Stil älterer Erklärungen, immer wieder auf eine auch in ihren detaillierten Normierungen nicht zu hinterfragende natürliche Sittenordnung zu beziehen.“ Allerdings, so der Limburger Bischof weiter, „ gäbe es zu den einzelnen Themen noch weitaus mehr und weiter Differenzierendes zu sagen“. 

Weniger gnädig war dagegen die Reaktion des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ (ZdK). Die Vizepräsidentin des kirchensteuerfinanzierten Laiengremiums, Birgit Mock, monierte in einer Erklärung, dass im Hinblick auf das Thema Gender „offensichtlich nicht der aktuelle Stand der humanwissenschaftlichen Erkenntnisse rezipiert worden“ sei. 

Die gelernte Ernährungswissenschaftlerin leitete beim „Synodalen Weg“ in Deutschland unter anderem das Forum über Sexualität. Mock war zudem von 2000 bis 2004 Pressesprecherin beim umstrittenen Verein „Donum Vitae“. Dieser Verein ist damals als Reaktion auf einen Konflikt der deutschen Bischofskonferenz mit dem damaligen Papst Johannes Paul II. entstanden.

Johannes Paul II. hatte 1998 in einem Brief an die Deutsche Bischofskonferenz darum gebeten, dass in kirchlichen Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr ausgestellt werden sollen, da eine solche Beratung zwar zum Schutz des ungeborenen Menschen führen könnte, aber eben auch die Gefahr bestehe, dass sich die Kirche durch die Ermöglichung einer Abtreibung mithilfe dieses Scheins in ihrem Zeugnis für das Leben unglaubwürdig mache.

Daraufhin wurde 1999 aus den Reihen der Mitglieder des ZdK gegen den Widerstand der Bischöfe der bis heute umstrittene Verein „Donum Vitae“ gegründet. Nach eigenen Angaben setzt sich der Verein „für den Schutz des menschlichen Lebens, namentlich den Schutz des Lebens ungeborener Kinder“ ein und ist – der eigenen Auffassung nach – konfessionell katholisch. 

Eine kirchenamtliche Anerkennung hat dieser Verein jedoch nicht, da „Donum Vitae“ eben jene Beratungsscheine an schwangere Frauen ausstellt, die nötig sind, um eine Abtreibung vornehmen zu können.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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In einer Erklärung der DBK vom 20. Juni 2006 wurde „Donum Vitae“ noch als „eine Vereinigung außerhalb der Katholischen Kirche“ bezeichnet.

Konferenz für universelles Verbot von Leihmutterschaft

Andere Stimmen dagegen begrüßen die Deutlichkeit, mit der das Vatikan-Dokument Dignitas infinita den Finger in die Wunden der heutigen Zeit legt. „Die schlechten Seiten der Leihmutterschaft werden oft und gern unter den Teppich gekehrt, man spricht nicht darüber, dass sie vollkommen unethisch ist“, sagte beispielsweise Olivia Maurel in den vergangenen Tagen gegenüber EWTN News. Maurel ist die Sprecherin der „Erklärung von Casablanca“, einer 2023 veröffentlichten Erklärung, die von Juristen, Medizinern und Psychologen unterzeichnet wurde und ein universelles Verbot der Praxis der Leihmutterschaft fordert.

Die Sprecherin der Initiative ist selbst Betroffene und sagte gegenüber EWTN: „Als Kind, das durch eine Leihmutterschaft geboren wurde, habe ich unter vielen Problemen gelitten: Ich habe mich oft verlassen gefühlt, hatte Identitätsproblemen, weil ich ja nach der Geburt von meiner Mutter getrennt, ihr weggenommen wurde.“

Erst letzte Woche hatte Maurel ihre Geschichte auf einer internationalen Konferenz in Rom erzählt, die von der LUMSA-Universität in der Nähe des Vatikans organisiert wurde. EWTN News sprach am Rande der Veranstaltung auch mit Jennifer Lahl, der Gründerin des „Center for Bioethics and Culture Network“. „Ich habe großes Verständnis für Paare, die verzweifelt sind, weil sie keine Kinder bekommen können“, so Lahl, „aber das gibt ihnen nicht das Recht, die Gesundheit einer anderen Frau zu gefährde und es gibt ihnen schon gar nicht das Recht, Kinder zu kaufen.“

Die schwedische Journalistin Kajsa Ekis Ekman ergänzte: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Leihmutterschaft gegen eine ganze Reihe von internationalen Gesetzen und Moralgesetzen verstößt: Schließlich handelt es sich dabei um eine absichtliche, industrielle Trennung von Mutter und Kind – anders als bei der Adoption, wo wir technisch gesehen eine Art ‚Waisenkind‘ haben, das eine Familie braucht. Bei der Leihmutterschaft aber haben wir eine Mutter, die gesund genug ist, um ein Kind auszutragen und die auch noch da ist – aber sie darf nicht mit ihrem Kind zusammen sein und das Kind darf sie nicht kennen lernen.“

Vatikan-Außenminister in Vietnam 

Unterdessen ist der sogenannte „Außenminister des Vatikans“ wieder in diplomatischer Mission unterwegs. Erzbischof Paul Gallagher ist Vatikan-Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten und internationalen Organisationen und diese Woche nach Vietnam gereist. Bereits am Mittwoch traf Gallagher den vietnamesischen Premierminister Pham Minh Chinh in Hanoi. Die Beziehungen mit dem Vatikan seien sehr positiv, unterstrich Minh Chinh. 

Nachdem in den 1970er Jahren die diplomatischen Beziehungen beider Staaten zeitweise komplett abgebrochen waren, bemühen sich beide Seiten um eine Annäherung. Erst im Januar diesen Jahres hatte Papst Franziskus eine Delegation der Kommunistischen Partei Vietnams zur Audienz empfangen. Davor hatte der Pontifex im September einen Brief an die 7,2 Millionen Katholiken im Land geschrieben und sie dazu aufgefordert, gleichzeitig gute Christen und gute Staatsbürger zu sein.

Der neue, alte Titel

Die Überraschung kam fast unbemerkt: Papst Franziskus führt nun neben seinen weiteren Titeln als „Bischof von Rom“ und „Stellvertreter Christi auf Erden“ nun auch wieder den Titel „Patriarch des Westens“. Ohne, dass der Vatikan dazu offiziell Stellung bezogen hatte, wurde die Änderung im sogenannten Päpstlichen Jahrbuch, dem Annuario Pontificio, vollzogen.

Nur eine Kleinigkeit oder gar eine große Geste in Richtung der Ökumene? CNA Deutsch hat heute Mittag dazu eine wissenschaftliche Einordnung dieser Entscheidung veröffentlicht. Das Interview mit dem Augsburger Kirchenhistoriker Matthias Simperl finden Sie hier.

 

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