Vatikanstadt - Freitag, 5. Juli 2024, 13:00 Uhr.
Am Ende könnten es diese beiden Sätze in der gemeinsamen Pressemitteilung des Heiligen Stuhls und der deutschen Bischofskonferenz sein, die dem Schreckgespenst „Synodaler Rat“ den Garaus machen. Oder ihm zumindest den Schrecken nehmen. „Man wünscht eine Änderung der Bezeichnung und verschiedener Aspekte des bisherigen Entwurfs für ein solches mögliches nationales synodales Gremium“, heißt es dort. „Hinsichtlich der Stellung dieses Gremiums besteht Übereinkunft darin, dass es nicht über der Bischofskonferenz steht oder gleichrangig mit ihr ist.“
Mit dieser knappen Mitteilung musste nun auch die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) das einräumen, was hohe Kirchenbeamte des Vatikan bis hoch zum Papst schon seit über einem Jahr gebetsmühlenartig wiederholt haben: Den „Synodalen Rat“ wird es so, wie seine Erfinder ihn sich ausgedacht haben, nie geben können. Ende, aus, Kirchenmaus.
Nun, arm wie eine Kirchenmaus ist die Kirche in Deutschland (noch) nicht. Und trotzdem gab es in diesem Konflikt schon früh auch Streit ums Geld. Aber der Reihe nach.
„Synodaler Weg“: Weiter, immer weiter
Nachdem die 2019 begonnenen regelmäßigen Versammlungen des stark umstrittenen „Synodalen Weges“ im Jahr 2022 über die Ziellinie gingen, wurde eine Verstetigung dieses „Synodalen Weges“ mithilfe eines „Synodalen Rates“ am 10. September 2022 mit deutlicher Mehrheit auch der Bischöfe beschlossen. Der „Synodale Rat“ sollte offiziell der Etablierung von „demokratienahen Strukturen“ dienen, wie es aus ZdK-Kreisen hieß, und sei „sicher kein Schisma und hat auch nichts mit einem deutschen Sonderweg zu tun“, wie der frühere ZdK-Vorsitzende Thomas Sternberg beteuerte.
Im Beschluss selbst heißt es: „Der Synodale Rat berät als Beratungs- und Beschlussorgan über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft und trifft auf dieser Basis Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen der Kirche und Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche, die nicht auf diözesaner Ebene entschieden werden.“ Und: „Der Synodale Rat wird entsprechend der Proportionen der Synodalversammlung in transparenten Verfahren und Wahlen geschlechter- und generationengerecht zusammengesetzt.“ Der Synodale Rat soll, nach den entsprechenden Vorbereitungen durch den Synodalen Ausschuss, „bis spätestens März 2026“ in die Realität umgesetzt werden.
Rom reagierte alarmiert. Im Februar 2023 erteilte der Apostolische Nuntius von Deutschland, Nikola Eterović, dem „Synodalem Rat“ eine Absage, und zwar „von Amts wegen“. Auch innerhalb der Bischofskonferenz regte sich Widerstand. Insgesamt vier Bischöfe zogen die Reißleine, in dem sie gegen die Bereitstellung von Geldmitteln für den „Synodalen Ausschuss“ votierten, der die Einführung eines „Synodalen Rats“ vorbereiten soll. Bei den vier Bischöfen handelte es sich um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sowie die Bischöfe Gregor Maria Hanke OSB von Eichstätt, Stefan Oster SDB von Passau und Rudolf Voderholzer von Regensburg.
Bätzing: „Wir wollen anders katholisch sein“
Trotz der Kritik ihrer Amtskollegen (Bischof Kohlgraf: „Wer aus den Beratungen des synodalen Ausschusses jetzt aussteigt, wird inhaltlich künftig wenig Einfluss auf die Beratungen nehmen können.“) blieben sie dabei. Der Passauer Bischof Oster hatte zuvor noch deutlich gemacht, dass es zwar durchaus Veränderungen in der Kirche brauche, allerdings „ohne das zu verändern, was ich den sakramentalen Kern unseres Verständnisses vom Menschen und von der Kirche nenne“.
Doch auch die Verfechter des „Synodalen Rates“ ließen sich nicht von ihrem Weg abbringen. Nicht einmal die persönliche Intervention des Papstes, den man zu Beginn noch vollmundig auf seiner Seite wähnte (Bischof Bätzing: „Stehen mit dem ‚Synodalen Weg’ genau in der Spur dessen, was der Papst will“), konnte die Akteure zum Einlenken bringen. Im November hatte der Heilige Vater in einem weiteren Brief deutlich gemacht, dass der „Synodale Rat“ „in der im entsprechenden Beschlusstext umrissenen Form mit der sakramentalen Struktur der Kirche nicht in Einklang zu bringen ist und dessen Einrichtung vom Heiligen Stuhl daher mit Schreiben vom 16. Januar 2023, das ich in spezifischer Form approbiert habe, untersagt wurde“. Theologie-Professor und ZdK-Funktionär Thomas Söding hatte zuvor noch behauptet, der Papst hätte damit etwas verboten, „was wir gar nicht beschlossen hatten“.
Im November 2022 hatte Bischof Georg Bätzing nach dem Ad-Limina-Besuch bei Papst Franziskus wiederholt beteuert, die Teilnehmer am „Synodalen Weg“ wollten katholisch bleiben, „aber wir wollen anders katholisch sein“. Der Limburger Bischof ergänzte: „Die Kirche in Deutschland geht keinen Sonderweg und sie wird auch keine Entscheidungen treffen, die nur im universalkirchlichen Kontext möglich wären.“
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Vatikan: Dialogbereitschaft und Engelsgeduld
Während sich die Initiatoren des „Synodalen Weges“ in Deutschland weiterhin kämpferisch gaben und sich auch nicht davor scheuten, den Papst zu brüskieren (ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp: „Wir erwarten von Rom, dass es das gute Miteinander der deutschen Bischöfe mit der Vertretung der Laien nicht unterminiert, sondern wertschätzt und als Ressource wahrnimmt.“), setzte der Vatikan weiter auf Dialog und lud eine Delegation von deutschen Vertretern im Juli 2023 zu Gesprächen nach Rom. Die Dialogrunde wurde im März fortgesetzt und mündete schließlich im Treffen vom vergangenen Freitag.
Diese Gespräche dürften – so hat es den Anschein – beiden Seiten die Augen geöffnet haben. Zum einen waren viele Mitarbeiter in den vatikanischen Dikasterien überrascht davon, dass sie es tatsächlich mit Überzeugungstätern zu tun haben. „Die Schlagzeilen über den ‚Synodalen Weg’, die großspurigen Ankündigungen in den Medien – sie meinen das ja wirklich so, wie sie es sagen“, konnte man erstaunte Kurienmitarbeiter hinter hervorgehaltener Hand sprechen hören.
Umgekehrt sind auch den deutschen Akteuren mit ihrer Idee vom „Synodalen Rat“ die Augen geöffnet worden. Sie wissen nun, dass es der Papst ernst meint mit seiner Sorge um die Einheit der Kirche. Franziskus ist nicht bereit, die Einheit der Kirche für die kirchenpolitischen Ränkespielchen des „Synodalen Weges“ aufs Spiel zu setzen. Gleichzeitig hat der Vatikan eine erstaunliche Engelsgeduld an den Tag gelegt und war bemüht, nur so viel Wasser in den Wein zu schütten, dass die Botschaft zwar verstanden wird, aber die Beteiligten trotzdem ihr Gesicht wahren können. Die überfällige Correctio Fraterna sollte keinesfalls das wichtige Band zur (noch) finanzstarken Ortskirche nördlich der Alpen zerschneiden.
Der Schlusspunkt eines teuren Missverständnisses?
Nach der Pressemitteilung vom vergangenen Freitag ist es im Gegensatz zu den sonst üblichen ritualisierten Durchhalteparolen der deutschen Kirchenfunktionäre bislang erstaunlich still geblieben. „Wir gehen voran auf dem Synodalen Weg“, lautet die jüngste Pressemeldung auf der Homepage des ZdK, datiert auf dem 15. Juni, fast zwei Wochen vor der Vatikan-Depesche. Auch von Bischof Bätzing („Rom ist kein Gegner“) waren diesmal – anders als sonst – im Nachgang weder Beschwichtigungen noch Kampfansagen zu hören.
Während der „Synodale Rat“ als kostspieliges Missverständnis zum Abschied leise „Ciao“ haucht, werden die Gespräche zwischen der deutschen Bischofskonferenz und Rom nach Abschluss der Weltsynode Ende Oktober fortgeführt, „um weitere Themen anthropologischer, ekklesiologischer und liturgischer Natur zu diskutieren“.
Obwohl der „Synodale Weg“ in fünf Jahren nicht nur immense Kosten verursacht und die innerkirchlichen Gräben eher vertieft hat, fällt die Bilanz hinsichtlich der offiziellen Zielsetzung des „Reformprojekts“ – nämlich die Bekämpfung des Missbrauchs – erschreckend schwach aus (Bormann: „Missbrauch des Missbrauchs mit Ansage“). Ganz zu schweigen von den benötigten echten Reformen, die im Sinne von Papst Franziskus den Fokus auf die Evangelisierung legen.
Der Papst gebe „immer wieder wunderbare Hinweise“, hatte Bischof Bätzing im März 2020 noch generös verkündet. Für die innerlich zerrissene Kirche in Deutschland bleibt zu hoffen, dass ihre Hirten die geduldigen, aber strengen Kurskorrekturen aus Rom nicht wieder nur als „Hinweis“ abtun. Auch nicht als „Schuss vor den Bug“.
Sondern als eine Art Schlussstrich.