Kardinal Marx angesichts Kirchenkrise: "Wir haben versagt"

Die Bischöfe müssen im Umgang mit Missbrauchs- und Vertuschungsskandalen "von der Welt" lernen, so der Erzbischof von München und Freising

Kardinal Reinhard Marx bei der Begräbnisfeier für Kardinal Joachim Meisner am 15. Juli 2017.
Raimond Spekking / Wikimedia (CC BY-SA 4.0)

Im Münchner Liebfrauendom hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, eine heilige Messe zum Gedenktag für Opfer sexuellen Missbrauchs gefeiert. 

Dabei predigte der Erzbischof von München und Freising, dass für "die Kirche" die "Stunde der Wahrheit" gekommen sei, angesichts der Krise, die durch sexuelles Fehlverhalten, Missbrauch und systematische Vertuschung durch Bischöfe und andere Geistliche ausgelöst wurde.

"Wir dürfen den Betroffenen, den Opfern, dankbar sein, dass sie sich geäußert haben, dass sie sprechen, oft nach Jahrzehnten, was schmerzhaft ist für viele von ihnen", sagte Marx in seiner Predigt am Sonntag, 18. November.

"Wir dürfen auch den Medien dankbar sein, wir dürfen dafür dankbar sein, dass die Aufmerksamkeit gewachsen ist für dieses manchmal verschwiegene, verborgene, verheimlichte Unrecht, für diese Gewalt, die vielen Menschen weltweit angetan wurde und wird." 

 

Es sei gut, dass diese Krise "sichtbar wird und wir Verantwortung übernehmen müssen, der wir nicht ausweichen dürfen. Die Stunde der Wahrheit eben, die wir annehmen und die wir aufgreifen müssen, in besonderer Weise natürlich die Verantwortungsträger in der Kirche", so Kardinal Marx.

"Lernen von der Welt"

 

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"Wir haben versagt", betonte der Erzbischof. "Wir haben versagt, und wir waren wie in einem Verblendungszusammenhang: nicht hinsehen wollen, nicht wahrhaben wollen, was geschieht, es kleinreden, es nicht anhören, all das ist immer wieder geschehen. Und damit muss Schluss sein!"

Dies sei Verantwortung der ganzen Kirche, so Marx, aber "besonders der Bischöfe und Priester und der Verantwortlichen, aufmerksam zu sein und nie wieder zuzulassen, dass übersehen wird, nicht hingehört wird, vertuscht und verschwiegen wird."

 

Die Kirche werde an ihrem Handeln gemessen werden, so Marx. Dazu gehöre "ein wahrhaftiger Blick zurück: Was ist geschehen? Worauf haben die Betroffenen einen Anspruch? Welche Verantwortlichkeiten können wir benennen?"

Für die Zukunft gehe es um mehr Prävention: "Was in den vergangenen Jahren geschehen ist in unserer Präventionsarbeit, ist schon ein Schritt nach vorne, aber es muss noch vertieft werden, noch intensiver werden."

Es gehe aber auch darum, so der DBK-Vorsitzende, "dass wir lernen müssen, anders Kirche zu sein, transparenter, offener, nicht in geschlossenen Kreisen, nicht die einen gegen die anderen, sondern im Miteinander, im Lernen von der Welt."

Die "Kirche" brauche "die Gesellschaft, die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die kritische Begleitung der Öffentlichkeit", um diesen Weg zu gehen, so Marx laut einer Pressemitteilung. "Wir müssen wirklich sehen: Hier ist ein Weckruf an uns ergangen, den wir nicht beschwichtigen und relativieren sollten."

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