Über 200 Theologie-Professoren widersprechen "Nein" der Kirche zu Segensfrage

Papst Franziskus auf dem Petersplatz am 20. Juni 2018.
Daniel Ibanez / CNA Deutsch

Der Protest im deutschsprachigen Raum gegen die von Papst Franziskus persönlich unterstützte Klarstellung aus Rom, dass homosexuelle Partnerschaften nicht gesegnet werden können, setzt sich fort: Neben einer Reihe deutschsprachiger Bischöfe und Kirchenkritiker haben nun über 200 Professorinnen und Professoren der Theologie eine Stellungnahme veröffentlicht, die der von Papst Franziskus persönlich gutgeheißenen Absage mit scharfen Worten widerspricht und massive Vorwürfe erhebt.

Andere Katholiken – darunter mehrere Kardinäle der Weltkiche und bayerische Bischöfe – haben das Schreiben ausdrücklich begrüßt und bekräftigt.

Das Lehramt untergrabe seine eigene Autorität, heißt es stattdessen in der Münsteraner Stellungnahme mit Blick auf die "Erklärende Note" des Präfekts der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria SJ. Der Text fährt fort, der Note mangele es "an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz".

Stringent haben sich dagegen mehrere deutschsprachige Gegner der Klarstellung aus Rom in den Medien wie in der Öffentlichkeit geäußert: Einige Priester beteuerten in den Sozialen Medien, weiter homosexuelle Verbindungen zu segnen, und an mehreren Kirchen – darunter der Kölner Dom, der Dom der Diözese Rottenburg-Stuttgart, sowie andere Kathedralen – wurde die Fahne der LGBT-Bewegung buchstäblich gehisst.

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Die über 200 Unterzeichner der von der Uni Münster veröffentlichten Stellungnahme werfen der Entscheidung aus Rom vor, Erkenntnisse zu ignorieren. "Werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und nicht rezipiert, wie es in dem Dokument der Fall ist, untergräbt das Lehramt seine eigene Autorität. Der Text ist von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt und diskriminiert homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe".

Tatsächlich bekräftigt die Klarstellung des Kardinals, nicht gegen homosexuell orientierte Menschen zu diskriminieren, was weitere Kardinäle unterstrichen haben: "Die Erklärung der Unzulässigkeit von Segnungen der Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts" – so der Vatikan – sei "weder eine ungerechte Diskriminierung noch enthält sie die Absicht, eine solche zu sein, sondern ruft die Wahrheit des liturgischen Ritus in Erinnerung und das, was dem Wesen der Sakramentalien zutiefst entspricht, so wie die Kirche sie versteht". 

Kardinal Ladaria bestätigte weiter: "Die christliche Gemeinschaft und die geistlichen Hirten sind aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen mit Respekt und Takt aufzunehmen; sie werden im Einklang mit der kirchlichen Lehre die am besten geeigneten Wege zu finden wissen, um ihnen das Evangelium in seiner Fülle zu verkünden. Diese Personen mögen gleichzeitig die aufrichtige Nähe der Kirche anerkennen – die für sie betet, sie begleitet, mit ihnen den Weg des christlichen Glaubens teilt – und ihre Lehren mit aufrichtiger Bereitwilligkeit annehmen". 

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Auch die Bischöfe Stefan Oster und Rudolf Voderholzer haben die Klarstellung begrüßt.

Dennoch teilt die deutsche Stellungnahme mit, dass sich deren Unterzeichner davon "entschieden" distanzierten: "Wir gehen demgegenüber davon aus, dass das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert sind als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares. In vielen Gemeinden erkennen Priester, Diakone und andere Seelsorger und Seelsorgerinnen homosexuell lebende Menschen an, auch indem sie Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anbieten und über angemessene liturgische Formen solcher Feiern reflektieren. Wir begrüssen diese würdigenden Praktiken ausdrücklich", so die Professoren.

Papst Franziskus und der Vatikan haben wiederholt deutsche Vorstöße und Forderungen – allen voran Bischof Georg Bätzings – nach einer Abkehr von der Lehre zu den Sakramenten der Ehe und Eucharistie gestoppt, ebenso wie Forderungen nach einer Interkommunion mit Protestanten.

Bereits 2015 beklagte Papst Franziskus die Situation der akademischen Theologie in Deutschland sowie den massiven Glaubensverfall nördlich der Alpen – und gab den deutschen Bischöfe eine scharfe Warnung auf den Weg: Sie sollten die Neu-Evangelisierung konkret und nachhaltig anpacken, sich für Beichte und Eucharistie einsetzen, die Rolle der Priester stärken, zudem die  akademische Theologie auf den Boden des Glaubens stellen.

"Wie ein treusorgender Vater wird der Bischof die theologischen Fakultäten begleiten und den Lehrenden helfen, die kirchliche Tragweite ihrer Sendung im Auge zu behalten. Die Treue zur Kirche und zum Lehramt widerspricht nicht der akademischen Freiheit, sie erfordert jedoch eine Haltung der Dienstbereitschaft gegenüber den Gaben Gottes. Das sentire cum Ecclesia muss besonders diejenigen auszeichnen, welche die jungen Generationen ausbilden und formen", so Papst Franziskus bereits damals.

In seinem historischen Brief des Jahres 2019 an die Katholiken in Deutschland – hier der volle Wortlaut – warnte Franziskus dann mit dramatischen Worten bereits vor einem Schisma: "Achten wir auf die Versuchung durch den Vater der Lüge und der Trennung, den Meister der Spaltung, der beim Antreiben der Suche nach einem scheinbaren Gut oder einer Antwort auf eine bestimmte Situation letztendlich den Leib des heiligen und treuen Volkes Gottes zerstückelt!"

Seitdem hat der Papst – ebenso wie mehrere Kongregationen des Vatikans – mit einer Reihe von Interventionen auf theologische, kirchenrechtliche und andere Mängel deutscher Vorstöße, vor allem beim umstrittenen, mittlerweile kirchenrechtlich unverbindlichen, "Synodalen Weg" hingewiesen, wie CNA Deutsch ausführlich berichtet hat. 

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