Köln - Donnerstag, 4. Februar 2021, 7:19 Uhr.
In einem neuen Interview hat Kardinal Rainer Maria Woelki wiederholt, dass er zu seinem Versprechen steht, am 18. März das "Gercke-Gutachten" über sexuellen Missbrauch zu veröffentlichen. Zudem werde eine Unabhängige Kommission auch das bislang nicht veröffentlichte "WSW-Gutachten" erhalten.
Der Erzbischof von Köln war in den vergangenen Wochen wiederholt von einzelnen Journalisten zum Rücktritt aufgefordert worden. Auch von Klerikern und Verbänden wurde der Kardinal für seinen Umgang mit Missbrauchsgutachten und Vertuschungsvorwürfen scharf kritisiert.
In einem heute veröffentlichten Interview mit der Zeitung "Kölner Rundschau" betont Woelki: "Wir sind weiter im Gespräch mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen sexuellen Missbrauchs, Johann-Wilhelm Rörig, und wir lösen auch die Vereinbarung zwischen der Bischofskonferenz und Herrn Rörig ein: Wir richten eine Unabhängige Kommission ein, die das Gercke-Gutachten genauso erhalten wird wie das Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl (WSW), um das so viel gestritten wird."
Der Erzbischof bekräftigt in dem am 4. Februar veröffentlichten Interview: "Wir klären auf, ich stehe zu meinem Versprechen".
Wie CNA Deutsch berichtete, hatte das Erzbistum im Januar 2019 die Kanzlei "Westpfahl Spilker Wastl" damit beauftragt, die einschlägigen Personalakten ab 1975 zu untersuchen um festzustellen, "welche persönlichen, systemischen oder strukturellen Defizite in der Vergangenheit dafür verantwortlich waren, dass Vorfälle von sexuellem Missbrauch gegebenenfalls vertuscht oder nicht konsequent geahndet wurden".
Das Gutachten der Münchner Kanzlei, hatte jedoch – wie CNA Deutsch berichtete – nach Einschätzung anderer Juristen in einem Gutachten "methodische Mängel". Woelki hatte daraufhin den Kölner Strafrechtsexperten Professor Björn Gercke mit einem neuen Gutachten beauftragt.
In der Presse wurde der Kardinal daraufhin vereinzelt scharf angegriffen, weil er das erste Gutachten nicht veröffentlichte. Betroffene und örtliche Kirchenvertreter äußerten Unverständnis. Auch er selber hat dieses Gutachten jedoch nicht gelesen, betont Woelki im heute veröffentlichten Interview noch einmal. Zudem räumte er ein, Fehler gemacht zu haben.
"Wir haben Fehler gemacht, wir haben Vertrauen verspielt, ich verstehe die Ungeduld."
Mit Blick auf die stellenweise vehemente Kritik äußert Woelki Verständnis, bittet jedoch um Geduld. Zum Fall des "Priesters O.", in dem der Kardinal persönlich beschuldigt wird, diesen nicht nach Rom weitergegeben zu haben, sagt Woelki: "Ich habe mein Gewissen geprüft, und ich bin persönlich der Überzeugung, dass ich mich korrekt verhalten habe."
Auf seine Einschätzung komme es jedoch nicht an. Professor Gercke und der Vatikan prüften auch diesen Fall, so der Erzbischof. Tatsächlich hat Woelki bereits im Dezember Papst Franziskus gebeten, die gegen den Kölner Erzbischof erhobenen Vertuschungsvorwürfe zu überprüfen.
Mehrere Medienberichte hatten "verschiedene Rechtsauffassungen" offenbart in der Frage, ob Kardinal Woelki in einem bestimmten Einzelfall des mittlerweile verstorbenen Priesters Johannes O. eine kanonische Voruntersuchung hätte durchführen lassen sollen, um das Ergebnis dann an die Glaubenskongregation zu melden.
Der des Missbrauchs beschuldigte Priester sei aufgrund seines Gesundheitszustandes damals nicht vernehmungsfähig gewesen, ein zweiter Schlaganfall und eine fortgeschrittene Demenz hatten eine Konfrontation zur Aufklärung des Falles unmöglich gemacht, teilte das Erzbistum damals in einer Presseerklärung mit (CNA Deutsch hat berichtet).
Darin betonte das Erzbistum auch, dass eine kanonische Voruntersuchung nicht möglich gewesen sei, "da der potenziell Betroffene ausdrücklich nicht an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken wollte, sich nicht eine Konfrontation von Pfarrer O. wünschte und auch andere Möglichkeiten zur Aufklärung, beispielsweise Zeugen, nicht vorhanden waren".
Das Gutachten, welches im März 2021 vom Kölner Strafrechtsexperten Gercke vorgelegt werden soll, werde aufzeigen, wie dieser Sachverhalt "strafrechtlich und kirchenrechtlich zu bewerten ist", da der Beschuldigte mittlerweile verstorben ist. Woelki kündigte an, dass er als Erzbischof "auch für entstandenes Leid durch Verantwortungsträger im Erzbistum moralische Verantwortung übernehmen" wolle.
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