Praedicate Evangelium: Papst Franziskus führt neue Verfassung für die Römische Kurie ein

Papst Franziskus bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz am 14. Juni 2017.
Papst Franziskus bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz am 14. Juni 2017.
CNA / Daniel Ibanez
Papst Franziskus und Kardinal Sean O'Malley im Vatikan am 19. April  2018
Papst Franziskus und Kardinal Sean O'Malley im Vatikan am 19. April 2018
Vatican Media
Blick auf die Kuppel des Petersdoms
Blick auf die Kuppel des Petersdoms
CNA / Petrik Bohumil
Der Kardinalsrat
Der Kardinalsrat
Vatican Media

Der Vatikan hat eine neue Verfassung: Am heutigen Samstag wurde das lang erwartete Dokument zur Umsetzung der von Papst Franziskus beschlossenen Reform der Organisation und Struktur der römischen Kurie veröffentlicht.

Das Hauptziel der Reform ist die Evangelisierung – und eine Reform, die aus der inneren Bekehrung kommen muss, wie die Präambel erklärt.

Die Apostolische Konstitution mit dem programmatischen Titel Praedicate Evangelium ("Verkündet das Evangelium") wurde am Festtag des heiligen Josef veröffentlicht, dem 19. März. An diesem Tag vor neun Jahren trat Franziskus sein Amt als Papst an.

Bislang liegt das 54 Seiten lange Grundgesetz weder auf Latein noch Deutsch vor: Es ist nur in italienischer Sprache erschienen.

Gemäß seiner Rolle löst dieses neue Grundgesetz Pastor Bonus ab, die bisherige Konstitution über die Römische Kurie, die von Papst Johannes Paul II. am 28. Juni 1988 verkündet woden war – und später von den Päpsten Benedikt XVI. und Franziskus ergänzt wurde.

Mit der Veröffentlichung der neuen Verfassung wird Pastor Bonus "vollständig aufgehoben und ersetzt".

"Dikasterien" statt Kongregationen

Die neue Verfassung soll am 5. Juni, dem Pfingstfest, in Kraft treten.

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Ab diesem Zeitpunkt werden dann alle Abteilungen des Vatikans offiziell als "Dikasterien" bezeichnet. Die Kongregation für die Glaubenslehre zum Beispiel wird nun als "Dikasterium für die Glaubenslehre" auftreten.

Neben der Streichung des Titels "Kongregation" aus den  tauft die neue Verfassung auch die Päpstlichen Räte in "Dikasterien" um. 

Das Amt für Almosenverwaltung, das vom Päpstlichen Almosenier – Kardinal Konrad Krajewski – geleitet wird, wird zum "Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe.

Die 16 Dikasterien heißen künftig:

  1. Dikasterium für die Evangelisierung,
  2. Dikasterium für die Glaubenslehre,
  3. Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe,
  4. Dikasterium für die Ostkirchen,
  5. Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung,
  6. Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse,
  7. Dikasterium für die Bischöfe,
  8. Dikasterium für den Klerus,
  9. Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens,
  10. Dikasterium für die Laien, die Familie und das Leben,
  11. Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen,
  12. Dikasterium für den interreligiösen Dialog,
  13. Dikasterium für Kultur und Bildung,
  14. Dikasterium zur Förderung der ganzheitlichen Entwicklung der Menschheit,
  15. Dikasterium für Gesetzestexte und
  16. Dikasterium für Kommunikation.

Die neue Verfassung besagt, dass "jedes Mitglied der Gläubigen ein Dikasterium oder ein Gremium aufgrund seiner besonderen Zuständigkeit, Leitungsbefugnis und Funktion leiten kann". 

"Den Glauben schützen und fördern"

Bei seiner Wahl im Jahr 2013 war bereits die Erwartung  ernorm: Papst Franziskus sollte die römische Kurie reformieren. In den ersten neun Jahren seines Pontifikats erließ der argentinische Pontifex viele Dekrete zur Änderung des vatikanischen Rechts und der Strukturen, die sich nun im Text der neuen Verfassung wiederfinden.

Das heute veröffentlichte Dokument bestätigt die Umstrukturierung der bisherigen Glaubenskongregation, die Papst Franziskus im Februar mit Fidem Servare verfügt hat, wie CNA Deutsch berichtete.

Der Papst hat die interne Struktur der vatikanischen Glaubenskongregation in zwei Abteilungen aufgeteilt: Eine Abteilung für die Doktrin – die Lehre – und eine Abteilung für die Disziplin.

Nach Angaben von Kardinal Sean O'Malley, dem Präsidenten der Päpstlichen Kinderschutzkommission, wird seine Einrichtung eine eigenständige Behörde im Glaubensdikasterium: Aufgabe der Behörde ist es, den Papst zu beraten und ihm die geeignetsten Initiativen zum Schutz Minderjähriger und gefährdeter Personen vorzuschlagen. 

Die neue Konstitution beschreibt die Aufgaben des Dikasteriums und besagt, dass sie in engem Kontakt mit den Kirchenvertretern in aller Welt stehe "in der Ausübung ihrer Mission als authentische Lehrer und Unterweiser des Glaubens, den sie verpflichtet sind zu schützen und zu fördern."

Die Sektion "prüft Schriften und Meinungen, die dem rechten Glauben und den Sitten zuwiderlaufen oder ihnen schaden; sie sucht den Dialog mit den Verfassern und schlägt geeignete Abhilfemaßnahmen vor, die gemäß ihren eigenen Normen zu treffen sind."

Sie ist auch "bestrebt, für eine angemessene Widerlegung der gefährlichen Irrtümer und Lehren zu sorgen, die unter dem christlichen Volk verbreitet werden".

Der Papst leitet das Dikasterium für die Evangelisierung persönlich

Der Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung und die Kongregation für die Evangelisierung der Völker werden im Dikasterium für die Evangelisierung zusammengelegt, dem der Papst direkt vorsteht.

In dem Dokument wird erklärt, dass "es notwendig wurde, die Zahl der Abteilungen zu verringern, indem diejenigen, deren Ziele sehr ähnlich waren oder sich ergänzten, zusammengeführt wurden, und ihre Funktionen zu rationalisieren, um Überschneidungen von Kompetenzen zu vermeiden und ihre Arbeit effizienter zu gestalten".

Der Päpstliche Rat für Kultur sowie die Kongregation für das katholische Bildungswesen sind im Dikasterium für Kultur und Bildung vereint, das in zwei Abteilungen unterteilt ist.

Über das nunmehr als Dikasterium für die Heiligsprechungen bezeichnete Gremium heißt es in der neuen Verfassung: "Es obliegt dem Dikasterium, über die Verleihung des Titels eines Kirchenlehrers an einen Heiligen zu urteilen, nachdem es das Votum des Dikasteriums für die Glaubenslehre über dessen herausragende Lehre eingeholt hat."

11 Leitprinzipien für den Dienst

Die Ziele der Reform werden in einem Abschnitt mit dem Titel "Grundsätze und Kriterien für den Dienst der römischen Kurie" dargelegt. Darin werden 11 Leitprinzipien vorgeschlagen:

  1. "Dienst an der Sendung des Papstes",
  2. "Mitverantwortung in der Communio",
  3. "Dienst an der Sendung der Bischöfe",
  4. "Unterstützung der Teilkirchen und ihrer Bischofskonferenzen und östlichen hierarchischen Strukturen",
  5. "Der stellvertretende Charakter der Römischen Kurie",
  6. "Spiritualität",
  7. "Persönliche Integrität und Professionalität",
  8. "Zusammenarbeit zwischen den Dikasterien",
  9. "Interdikasterielle und intradikasterielle Treffen",
  10. "Ausdruck der Katholizität" und
  11. "Reduzierung der Dikasterien".

Die neue Verfassung definiert nicht nur die Kompetenzen der 16 Dikasterien, sondern umreißt auch die Rolle anderer Einrichtungen und Institutionen des Vatikans, darunter Justizorgane wie die Apostolische Pönitentiarie, das Sekretariat für die Wirtschaft und Ämter wie die Präfektur des Päpstlichen Hauses.

Es listet die Aufgaben des Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche auf, der das Funktionieren des Vatikans während eines päpstlichen Interregnums verantwortet.

Es definiert auch die Qualitäten, die von den Juristen erwartet werden, die für den Heiligen Stuhl arbeiten. Von ihnen wird erwartet, dass sie "ein ganzheitliches und beispielhaftes christliches Leben führen und die ihnen anvertrauten Aufgaben mit größtem Gewissen und zum Wohle der Kirche erfüllen".

Traditionelle lateinische Messe wird als "außerordentliche Form des römischen Ritus" bezeichnet

In den Konstitutionen heißt es, dass das neu benannte Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung dafür verantwortlich ist, "die Erstellung oder Überarbeitung und Aktualisierung der typischen [lateinischen Original-]Ausgaben der liturgischen Bücher" zu veranlassen.

"Das Dikasterium bestätigt die Übersetzungen der liturgischen Bücher in die gängigen Sprachen und erteilt die Recognitio [formale Anerkennung] für ihre angemessenen Anpassungen an die lokalen Kulturen, die rechtmäßig von den Bischofskonferenzen genehmigt wurden", heißt es.

Weiter heißt es: "Das Dikasterium befasst sich mit der Regulierung und Disziplin der heiligen Liturgie in Bezug auf die außerordentliche Form des römischen Ritus".

Die seit Jahrhunderten gefeierte traditionelle lateinische Messe (TLM) ist auch als "tridentinische" und "gregorianische" bekannt, als Feier im Usus Antiquior, als Messe in der außerordentlichen oder überlieferten Form sowie als "Messe aller Zeiten" und "Alte Messe" (Vetus Ordo), im Gegensatz zur in den 1970er Jahren eingeführten "Neuen Messe" (Novus Ordo).

Papst Franziskus hat bereits bestätigt, dass die Petrusbruderschaft weiterhin die TLM feiern kann.

Arbeit des Kardinalsrats 

Der Kardinalsrat hatte einen ersten Entwurf der neuen Konstitution im Jahr 2018 fertiggestellt. Der Text wurde dann 2019 an die Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen, die Dikasterien der Römischen Kurie, die Synoden der Ostkirchen, die Konferenzen der höheren Oberen und an ausgewählte päpstliche Universitäten zur Stellungnahme weitergeleitet.

Dem Kardinalsrat gehören derzeit sieben Kardinäle an, die vom Sekretär Bischof Marco Mellino unterstützt werden:

  1. der honduranische Kardinal Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga, der als Koordinator fungiert;
  2. Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin;
  3. Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstadt;
  4. der indische Kardinal Oswald Gracias (Erzbistum Bombay);
  5. der deutsche Kardinal Reinhard Marx, (derzeit Erzbischof in München);
  6. der US-amerikanische Kardinal Seán O'Malley (Erzbistum Boston) sowie 
  7. der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu (Erzbistum Kinshasa).

Der Kardinalsrat kam im Februar 2020 zusammen, um das Dokument "noch einmal gründlich zu lesen und zu überarbeiten".

Inmitten der Coronavirus-Pandemie setzten die Kardinäle dann die Überprüfung des Textes bei virtuellen Treffen mit Papst Franziskus fort.

Am kommenden Montag soll Kardinal 

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