Bericht: Vertuschungsvorwurf gegen Ex-Geschäftsführer von "Adveniat"

Bischof Emil Stehle
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Das am Dienstag in Hildesheim vorgestellte Missbrauchsgutachten hat nun einem weiteren Bischof Verfehlungen in der Aufarbeitung von Missbrauch vorgeworfen. So soll der frühere Geschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks "Adveniat", Emil Stehle (1926-2017), die Strafverfolgung eines Missbrauchstäters vereitelt haben.

Stehle war der erste Bischof der 1987 gegründeten Diözese Santo Domingo de los Colorados mit Sitz in der ecuadorianischen Stadt Santo Domingo de los Colorados und von 1977 bis 1988 Geschäftsführer von "Adveniat". 1986 erhielt der Geistliche von der deutschen Bundesregierung das Große Verdienstkreuz wegen seiner Mitwirkung zur Befreiung von sieben deutschen Aufbauhelfern in Nicaragua und seiner Verdienste um den Friedensprozess in El Salvador.

Half Stehle einem Missbrauchstäter bei der Flucht?

Wie CNA Deutsch gestern berichtete, hat das Bistum Hildesheim am 14. September 2021 eine Studie vorgestellt, die unter anderem den früheren Hirten der Diözese, Bischof Heinrich Maria Janssen, schwer belastet. Bei Janssen haben Experten "eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch" während dessen Amtszeit festgestellt. Ungeklärt bleibt jedoch weiterhin, ob der Bischof selbst ein Missbrauchstäter war. Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Geistlichen konnten weder bestätigt noch entkräftet werden, so die Diözese.

Doch nun steht auch Bischof Emil Stehle in der Kritik. 1963 hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen einen Geistlichen ermittelt wegen des Verdachts des wiederholten sexuellen Missbrauchs an schutzbefohlenen Minderjährigen und einen Haftbefehl erlassen. Aus dem Gutachten von Hildesheim geht nun hervor, dass der beschuldigte "Priester B." daraufhin nach Paraguay geflohen sei, unter der Mithilfe von Bischof Stehle.

Stehle war zum damaligen Zeitpunkt Leiter einer Koordinierungsstelle für deutsche Geistliche in Lateinamerika. Der Hildesheimer Bischof Janssen hatte - so das Gutachten weiter - 1976 einen vertraulichen Brief an Stehle geschrieben und diesen aufgefordert, den Namen des beschuldigten Priesters "absolut verschwinden zu lassen". Stehle habe diese Anweisung befolgt und wird daher von den Gutachtern als "Helfer und Mittäter" bezichtigt.

Adveniat: Vorwürfe "bisher nicht bekannt"

Das bischöfliche Hilfswerk "Adveniat" zeigte sich in einer ersten Reaktion "entsetzt und beschämt" über die Taten ihres ehemaligen Geschäftsführers. "Die Beteiligung Stehles an der Vertuschung und Identitätsfälschung trug dazu bei, dass der Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte", heißt es in der Mitteilung. "Das Haus Adveniat – seine Leitung und seine Mitarbeitenden – denken hier zuerst an das Leid der Opfer, das durch die Beteiligung Stehles an der Strafvereitelung vergrößert wurde. Wir bedauern dies zutiefst."

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Stehle habe selbst dafür gesorgt, dass der Priester B. "weiterhin die von der deutschen Bischofskonferenz im April 1975 beschlossene Zuwendung in Höhe von 200 Mark monatlich für alle deutschen Priester, die in Übersee-Diözesen inkardiniert waren, über das Konto eines weiteren deutschen Priesters in Paraguay erhalten konnte". Wörtlich räumte "Adveniat" ein:

"Stehle machte sich zum Mitwisser und Helfer, wurde aber darüber hinaus durch von ihm veranlasste weitergehende Verschleierungsmaßnahmen zum aktiven Unterstützer eines Täters, der sich dem Zugriff der deutschen Justiz entzogen hatte."

"Adveniat" betont, dass die Vorwürfe gegen den früheren Geschäftsführer Stehle "den heute Verantwortlichen bei Adveniat bisher nicht bekannt" gewesen seien. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe man "die in der Altaktenregistratur befindlichen Akten zur Koordinierungsstelle Fidei Donum mit Blick auf die Vorwürfe geprüft" und dem Beauftragten der deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich, Bischof Stephan Ackermann, "umfassende Einsicht in die Akten" gegeben. 

"Nach bisherigem Kenntnisstand" seien für die Zahlungen an den Priester B. jedoch keine Spendengelder verwendet worden.

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