Wochenkolumne: Diese acht Herausforderungen werden 2017 prägen

Ausschnitt aus einer der größten Ikonen der Welt: Die "Ecclesia Militans", entstanden um die Mitte des 16. Jahrhunderts, ist 143.5 cm hoch und 395.5 cm breit.
CNA/Gemeinfrei (bearbeitet)

Die Kirche denkt nicht nur in Jahrhunderten. Sie denkt vor allem an die Ewigkeit. Vor einem solchen Horizont mag das Jahr 2017 unbedeutend erscheinen. Vom Versuch, darüber Prognosen zu wagen, ganz zu schweigen.

Angesichts der Herausforderungen, vor der Kirche und Welt in diesem neuen Anno Domini stehen, dürfte es dennoch spannend werden für die Ecclesia Militans. Sehr spannend sogar.

Geht man von den Ereignissen und Entwicklungen der vergangenen 12 Monate aus, dann werden die folgenden acht Spannungsfelder 2017 voraussichtlich prägend sein; vier davon in der Kirche, und vier für die Kirche in der Welt.

Die vier Spannungsfelder in der Kirche:

  1. Einheit und Synodalität sind beide, angestoßen von Papst Franziskus, aktuelle Leitmotive der Weltkirche. Wo und wie diese zur Geltung kommen: Das zeigt wie durch ein Brennglas die Reform der Kurie - und darin die Rolle des Heiligen Vaters, der nun in seiner Weihnachtsansprache deutlich seine Autorität betont hat mit der Aufforderung, "den Römischen Pontifex zu unterstützen in der Ausübung seiner einzigartigen, allgemeinen vollen, höchsten, unmittelbaren und universalen Macht". Dabei geht es nicht nur um die fortschreitende Reform und deren Umsetzung in der einen, katholischen und apostolischen Kirche, sondern auch wie die Einheit von Lehre und Praxis, von Dogma und Pastoral dabei verhandelt wird.
  2. Amoris Laetitia (AL) und die Dubia sind dafür der auch 2017 voraussichtlich prominenteste Ausdruck. Selbst wenn eine Beantwortung der fünf höflich gestellten Fragen an Papst Franziskus erfolgen sollte, und die Deabtte damit ein offizielles Ende finden möge: Die teilweise sich gegenseitig ausschließenden Interpretationen des päpstlichen Schreibens in verschiedenen Pfarreien, einzelnen Diözesen, ja, ganzen Bischofskonferenzen müssen in der Praxis dann auch geklärt werden. Der Fall von AL verhandelt aber noch weit mehr. Eine wichtige Frage etwa - und zwar ganz unabhängig davon, ob und wie die offenen Fragen um Amoris Laetitia selber geklärt werden - ist die der Entstehungsgeschichte des Schreibens mit Blick auf etwaige Lehren für einen weniger steinigen "synodalen Weg": Im Fall von AL sollten ja nicht nur eine, sondern sogar zwei Synoden sowie aufwändige Umfragen und andere Werkzeuge eigentlich für freiere Diskussion und deutliche Klarheit sorgen - zu einem Thema, das erst 1984 der heilige Papst Johannes Paul II. mit Familiaris consortio rundum beantwortet hatte. Ob und wie dies nun auch "synodal" neu oder gar besser geleistet wurde: Das zu beantworten ist eine gewaltige Herausforderung auch mit Blick auf die nächste Synode, die ja 2018 stattfinden wird.     
  3. Kontinuität und Bruch als Spannungsfeld ist nicht reduzierbar auf etwa die Frage speziell der Kommunion und allgemein der Sakramente, oder eines synodalen Wegs als Kirche. Vereinbarkeit und Pflege der Vielfalt ist auch eine Herausforderung in der Liturgie, wo der Papst zwar in einem Interview sagte, es gebe nun keine "Reform der Reform", sein oberster Liturgie-Chef, Kardinal Robert Sarah, aber genau eine solche anstrebte. Vom hermeneutischen Horizont dieses Themas, zu dem der Umgang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und die Sakramententheologie als solche gehört, ganz zu schweigen.  
  4. Fatima und Luther, derer in diesem Jahr beider gedacht werden wird, sind voraussichtlich ein brauchbarer Lackmustest dafür, wie die Prägung dieses Jahres aussehen wird: Im Spannungsfeld also zwischen dem mit viel Aufwand gerade in Deutschland zelebrierten Gedenkens an "500 Jahre Reformation" auf der einen, und der Prophezeihungen der Gottesmutter vor 100 Jahren in Fatima auf der anderen, deren Mission nicht beendet ist, wie Papst Benedikt 2010 betont hat

Einheit und Vielfalt, Lehre und Praxis, Luther und Fatima: Dabei geht es auch, aber nicht nur um den Glaubens- und Wissensverlust breiter Bevölkerungsteile in Europa, was das Christentum und seine Lehre betrifft - und wie diese 2017 missionarisch angepackt werden.

Tatsächlich steht die Kirche 2017 vor weltlichen Herausforderungen, die Papst Franziskus immer wieder als "stückweise geführten Dritten Weltkrieg" bezeichnet hat.

Vier Spannungsfelder für die Kirche in der Welt werden dabei in den kommenden Monaten voraussichtlich besonders prägend sein:

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  1. Ideologie und Biologie stellen für die Kirche mehrere Chancen, aber auch Risiken dar. Papst Franziskus hat immer wieder das Abtreiben ungeborener Kinder, die Gender-Ideologie, das Behandeln von Menschen als "Wegwerfware", besonders der Alten und Armen, scharf verurteilt. Auch und gerade "franziskus-begeisterte" Medien, Kommentatoren und katholisch getaufte Politiker werden dies 2017 weiter verschweigen, selektiv zitieren oder herunterspielen. Gleichzeitig gerät dabei die Gottebenbildlichkeit aus den Augen, und mit ihr die heilige Würde einer jeden Person. Der ideologisch geprägte mediale, politische, aber auch der breite gesellschaftliche Umgang mit der christlichen Lehre und ihrem Menschenbild wird sich in den nächsten 12 Monaten kaum entspannen. Im Gegenteil: Euthanasie, Sterbe-Hilfe, Gender-"gerechte" Sprache, Bildung und viele andere Themen bieten Reibungsflächen, die einer klug wie mutigen, liebevoll wie ehrlich geführten Korrektur bedürfen. Dazu gehört auch die Klarstellung, dass vieles von dem, was die säkulare Welt mittlerweile sagt und tut, nicht mit der christlichen Lehre vereinbar ist und sich besinnen, ja, bekehren muss. Diese Klarheit fehlt vielerorts.
  2. Islam und Säkularismus sind das Gegensatzpaar, wo dies am deutlichsten zum Vorschein tritt: Für viele Islamisten ist der Papst nicht nur ein "Ungläubiger", sondern sogar ein führender Vertreter des säkularen Westens. Für den säkularen Westen ist bestenfalls ein Zerrbild des Heiligen Vaters eine Leitfigur. Sowohl im Umgang mit dem Islam (nicht nur dem Islamismus) wie auch dem zunehmend aggressiven Säkularismus steht die Kirche vor einer weiter wachsenden Herausforderung, auf die bisherige Antworten bestenfalls teilweise erfolgreich waren.  
  3. Migration und Flucht sind Konsequenzen und Korrelationen dieser Herausforderung. Wie Papst Franziskus immer wieder betont hat, zeigt der Christ in seiner Nächstenliebe, worum es geht: Konkrete Hilfe als Nächstenliebe. Aber ohne Rationalität und missionarischen Eifer führt diese Haltung zu Konsequenzen, die eher Leben und Seelen kosten, als diese zu retten. Dies gilt auch und gerade für die Massen-Migration nach Europa.   
  4. Mission und Verfolgung werden somit auch 2017 prägende Herausforderung sein; genauer: Die Ursachen beider. Jeder Christ, egal ob Nonne oder einfacher Laie, Papst oder Hausfrau, ist geschickt (hat die Mission), die Frohe Botschaft zu leben und verkünden. Gott schenkt allen die Freiheit, es zu tun - oder auch nicht.  

Auch 2017 wird jeder Christ täglich reichlich Gelegenheit haben, den Glauben, die Liebe und die Hoffnung zu leben. Ob und wie die auf Erden gegen die Sünde kämpfende Kirche dies tut, hängt von jedem einzelnen ab. Und dabei geht es nicht (nur) um das Jahr 2017, sondern die Ewigkeit.

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