Frankfurt - Freitag, 1. Oktober 2021, 8:25 Uhr.
Bei der Abstimmung über die Änderungsanträge zur Vorlage der Präambel des des sogenannten "Synodalen Weges" wurde auf der zweiten Synodalversammlung in Frankfurt am Main der Vorschlag abgelehnt, den Fokus auf die Evangelisierung deutlicher zu betonen. Von den insgesamt 15 Änderungsanträgen, die nicht nur den Präambel-, sondern auch den theologischen Orientierungstext betrafen, war dies der einzige Antrag, der gestern abgelehnt wurde.
Wörtlich hatte die Änderungskommission beim entsprechenden Punkt empfohlen, "die Intention der Evangelisierung (...) stärker herauszustellen".
ZdK-Präsident Thomas Sternberg hatte erst in der Pressekonferenz zur Eröffnung der Synodalversammlung gesagt, ein Ziel des "Synodalen Weg" sei es, – so wörtlich - "wirklich zu evangelisieren".
Schon vor Beginn des "Synodalen Weges" hatte das ZdK jedoch maßgeblich verhindert, dass eine Betonung der Neuevangelisierung, wie von Papst Franziskus gefordert, auch nur in der Satzung dieses Prozesses aufgenommen wird (CNA Deutsch hat berichtet).
Änderungsantrag zunächst angenommen
Abgestimmt wurde gestern Abend über insgesamt 15 Änderungsanträge, acht davon betrafen die Präambel. Darunter befasste sich Änderungsantrag Nummer 6 mit der Forderung, den allgemeinen Fokus des "Synodalen Weges" deutlicher auf die Neuevangelisierung auszurichten. Zur Abstimmung stand folgender Antrag:
"Die Antragskommission empfiehlt, die Intention der Evangelisierung, die Papst Franziskus in seinem Brief 'An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland' und in der Ankündigung des weltweiten Synodalen Wegs (sic!) in den Mittelpunkt gestellt hat, im Text insgesamt stärker herauszustellen."
Bei der anschließenden Abstimmung gaben nur 195 der insgesamt 215 anwesenden Teilnehmer ihre Stimme ab. Das Ergebnis war knapp, doch die Mehrheit sprach sich für die genannte Änderung aus. Insgesamt vereinte der Änderungsantrag 94 Ja-Stimmen auf sich, während 86 Teilnehmer dagegen stimmten und 15 Enthaltungen gezählt wurden.
Zuvor war bereits festgelegt worden, dass bei dieser Abstimmung die einfache Mehrheit gelten wird. Mit dem Unterschied von acht Stimmen wurde der Änderungsantrag also angenommen – zunächst.
ZdK-Funktionärin: Enthaltungen gelten als "Nein"-Stimmen
Während die Versammlung bereits beim nächsten Punkt angelangt war, ergriff die Moderatorin Claudia Nothelle das Wort. Man könne den Änderungsantrag 6 nicht annehmen, teilte die ZdK-Funktionärin mit. Grund dafür seien die insgesamt 15 Enthaltungen. Nothelle sagte wörtlich:
"Enthaltungen müssen als Ablehnung gerechnet werden, damit ist der Antrag abgelehnt."
Somit wird es keine besondere Betonung der Evangelisierung in der Präambel des "Synodalen Weges" geben, weil trotz des leichten Übergewichts an Ja-Stimmen die 15 Enthaltungen als "Nein" gewertet werden und so die "Mehrheit" zugunsten einer Ablehnung des Antrags haben kippen lassen.
Der Vorgang ist kein Einzelfall. Bereits vor Beginn des "Synodalen Weges" hatte das ZdK auf seiner Herbstvollversammlung im November 2019 einen Antrag auf Satzungsänderung abgelehnt. Zuvor hatte die Satzung nach Intervention des Vatikans schon einmal überarbeitet werden müssen (CNA Deutsch hat ausführlich berichtet), doch diesmal hatte ein ZdK-Mitglied selbst eine erneute Satzungsänderung beantragt.
Karl zu Löwenstein hatte damals das Plenum an die Worte von Papst Franziskus erinnert, der wie schon seine Vorgänger im Papstamt eine Neuevangelisierung forderte. Bevor man über die Struktur der Kirche diskutiere, so Löwenstein, müsse man zunächst die Botschaft Christi wieder in den Mittelpunkt stellen.
Die ZdK-Vizepräsidentinnen Claudia Lücking-Michel und Karin Kortmann sagten daraufhin, dass die von Löwenstein angestrebte Satzungsänderung dazu führen würde, den für den 1. Dezember 2019 angedachten Start des "Synodalen Weges" um mindestens ein halbes Jahr zu verzögern.
Das Online-Magazin "Kirche+Leben" berichtete damals: "Fast flehentlich warb eine Vertreterin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands um Zustimmung zur Satzung. Es sei 'vielleicht die letzte Chance auf Erneuerung'."
Letzlich stimmten die Mitglieder der Vollversammlung mit großer Mehrheit – bei 17 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen – für die Satzung.
Die Neuevangelisierung zu einem Bestandteil des "Synodalen Weges" zu machen, bleibt also weiterhin unberücksichtigt; obwohl sie nicht nur von Laieninitiativen gefordert wird, sondern auch der Papst selbst mit seinem Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" mit großer Deutlichkeit wiederholte, dass die Kirche vor allem dazu da ist, den Glauben zu verkünden:
"Ich erinnere daran, was ich anlässlich der im Jahre 2015 sagte, dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin besteht zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfen."
Dennoch betonte der ZdK-Präsident Thomas Sternberg bei der gestrigen Eröffnung der zweiten Synodalversammlung, dass auch die Evangelisierung im Blickpunkt des "Synodalen Weges" sei. "Unser Ziel ist es, den Opfern von sexueller Gewalt gerecht zu werden", erklärte Sternberg wörtlich. Das andere Ziel des "Synodalen Weg" sei es, "wirklich zu evangelisieren".
Reform-Manifest ruft zu Neuanfang auf
Mit einem Bekenntnis zu grundlegenden Reformen der Kirche auf Grundlage einer "Umkehr und Neuentdeckung des Evangeliums" hatte am vergangenen Mittwoch eine Initiative katholischer Christen zu einem "neuen Anfang" aufgerufen.
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Der "Arbeitskreis Christliche Anthropologie" veröffentlichte das Manifest am 29. September auf einer eigenen Webseite.
Das Manifest ruft einerseits zu einem neuen Anfang auf. Andererseits erhebt es schwere und schwerwiegende Bedenken bezüglich des umstrittenen "Synodalen Wegs". Dieser verfehle "auf dramatische Weise den Ansatz wahrer Reform", so die Autoren (hier der ausführliche Bericht von CNA Deutsch).
Hinweis der Redaktion: Am Tag nach der Abstimmung, am 01. Oktober 2021, hat das Präsidium um Bischof Georg Bätzing den "Fehler" bei dieser Abstimmung eingeräumt. Enthaltungen dürfen nicht als "Nein"-Stimmen gewertet werden, weshalb der Antrag nachträglich als angenommen gilt. Die Details zu diesem Vorgang können Sie hier nachlesen.
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