Kardinal Koch: „Negative Reaktionen aus der ökumenischen Welt auf Fiducia Supplicans“

Der Schweizer Kardinal Kurt Koch ist Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Der ehemalige Bischof von Basel hat über 60 Bücher und Schriften verfasst, darunter Mut des Glaubens (1979) und Eucharistie (2005).
CNA/Paul Badde

Die Einführung einer nicht-liturgischen, pastoralen Segnung homosexueller Paare sorgt nicht nur innerhalb der Katholischen Kirche für Kritik und Widerstand, sondern belastet offenbar auch die Ökumene.

In einem Interview mit Vatican News hat der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen eingeräumt, er habe „einige negative Reaktionen aus der ökumenischen Welt über Fiducia Supplicans erhalten.“

Kardinal Kurt Koch sagte, „wir haben gerade nächste Woche die Vollversammlung der Orientalisch-Orthodoxen hier in Rom, und sie haben schon angemeldet, dass sie über diese Fragen reden können“.  

Der Schweizer Kurienkardinal sprach mit dem Mediendienst des Vatikans anlässlich der Gebetswoche für die Einheit der Christen, die am heutigen Donnerstag ihren diesjährigen Auftakt nimmt.

Koch wörtlich: „Ich glaube, dass wir im ökumenischen Dialog neu darüber nachdenken müssen: Was ist Segen, und wie ist das Verhältnis von Lehre und Pastoral? Diese Fragen sind jetzt neu akut geworden, und darüber müsste man reden.“

Papst antwortet Kritikern

Papst Franziskus hat am Sonntagabend in einem Talkshow-Auftritt auf Fragen zur Einführung „spontaner“ Sekunden-Segnungen homosexueller Paare durch Priester geantwortet. 

Die Segnungen wurden kurz vor Weihnachten mit einer Erklärung des Vatikans mit dem Titel Fiducia Supplicans ermöglicht, stoßen jedoch vielerorts auf totale Ablehnung und vernichtende Kritik von Kardinälen, Bischöfen und Theologen.  

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Bei seinem Auftritt in einer italienischen Talkshow am 14. Januar wurde der 87-jährige Papst gefragt, ob er sich „allein gefühlt“ habe angesichts dieses Widerstands, berichtete die Catholic News Agency (CNA).

„Manchmal werden Entscheidungen nicht akzeptiert“, antwortete Papst Franziskus. „Aber in den meisten Fällen, wenn man eine Entscheidung nicht akzeptiert, liegt es daran, dass man sie nicht versteht.“

Worum es geht 

Die auf Italienisch geschriebene Erklärung des Vatikans mit dem lateinischen Titel Fiducia Supplicans von Kardinal Victor „Tucho“ Fernandez wurde am 18. Dezember veröffentlicht — mit der Zustimmung von Papst Franziskus, der das Schreiben gegenzeichnete.

Das Dokument löste sofort eine weltweite Kontroverse und vehemente Debatten aus.

Fiducia Supplicans vermeidet einerseits, der bisherigen Lehre der Kirche zu widersprechen und räumt sogar ein, dass es keine liturgischen Segnungen homosexueller — und anderer, als „irregulär“ bezeichneter — Verbindungen geben kann, wie sie etwa in Deutschland von Bischöfen betrieben werden.

Gleichzeitig werden im Dokument — hier der volle Wortlaut —  wörtlich „spontane“ Segnungen für „gleichgeschlechtliche Paare“ eingeführt, die „keine Legitimation für ihren eigenen Status beanspruchen, sondern darum bitten, dass alles, was in ihrem Leben und in ihren Beziehungen wahr, gut und menschlich gültig ist, durch die Gegenwart des Heiligen Geistes bereichert, geheilt und erhöht wird.“

Der Erklärung zufolge sei dies „eine echte Weiterentwicklung dessen, was im Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über Segnungen gesagt wurde.“

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Paare ja, Verbindungen nein?

Bischöfe in aller Welt haben die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare wie Verbindungen in ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeschlossen — und auch kritisiert, dass dieser Vorstoß ohne Beratungen erarbeitet wurde. 

In Afrika, den Ostkirchen sowie Polen, Ungarn und anderen Ländern lehnten die Bischöfe geschlossen den Vorstoß ab.

Andere Bischöfe haben so vorsichtig das Schreiben und weiteren Äußerungen des argentinischen Kardinals eingeordnet, dass eine Anwendung seiner Segnungsidee in der Praxis kaum möglich ist — oder auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden ist. 

Dies gilt auch für die Segnungen, die nur wenige Sekunden an einem unwichtigen Ort spontan passieren, wie der Glaubenspräfekt nach kritischen Reaktionen seine Vorstellungen präzisierte.

Zuvor hatte der Prälat in spanischsprachigen Interviews gesagt, es werde gemäß seiner Erklärung zwar das Paar gesegnet, aber nicht die Verbindung zwischen den beiden. Deshalb ändere sein Vorstoß auch nicht die Lehre der Kirche. 

Kardinal Fernandez wörtlich: „Paare werden gesegnet. Die Verbindung wird nicht gesegnet, aus den Gründen, die in der Erklärung wiederholt über die wahre Bedeutung der christlichen Ehe und der sexuellen Beziehungen erläutert werden.“  

Besuch der deutschen Bischöfe?

Seit Veröffentlichung von Fiduccia Supplicans haben einige Bischöfe in Mittel- und Westeuropa den Vorstoß aus dem Vatikan begrüßt, darunter Bischof Georg Bätzing von Limburg.

In Deutschland werden jedoch bereits homosexuelle Verbindungen auf eine Weise gesegnet, die der Vatikan mit seinem Schreiben explizit weiter verbietet, aber der deutsche Synodale Weg fordert und umsetzt: Als liturgische Handlungen. Genau darüber will der Leiter der Glaubensbehörde vor Ort in Deutschland mit den Bischöfen sprechen.  

In Deutschland erheben indessen führende Spitzenfunktionäre, die sich beim Synodalen Weg und in der Öffentlichkeit für eine homosexuelle „Ehe“ in der Kirche stark machen, schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus und seinen Glaubenspräfekten, wie CNA Deutsch berichtete

VIDEO-TIPP: Kardinal Koch im Interview mit Andreas Thonhauser, Leiter von EWTN Vatikan: