Coronaviruskranke haben "Recht auf priesterlichen Beistand", betont Kardinal Robert Sarah

Deutsche Bischöfe sollen auf "staatliche Gelder" verzichten, schlägt Sarah vor, der auch über den "Synodalen Prozess", Kritik am Buchprojekt mit Benedikt und Reaktionen auf Querida Amazonia spricht

Kardinal Robert Sarah ist Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.
EWTN/Paul Badde

In der Coronavirus-Pandemie darf Kranken und Sterbenden die sakramentale Hilfe eines Priesters nicht verweigert werden. Das hat Kardinal Robert Sarah in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview gesagt.

In dem ausführlichen Gespräch mit der französischen Zeitschrift Valeurs actuelles spricht Sarah auch über den Umgang der Kirche in Deutschland mit materiellem Reichtum ­und den sogenannten "Synodalen Weg".

Auch die Aufregung über sein Buchprojekt mit Papst emeritus Benedikt XVI. kommentiert der Kurienkardinal, berichtet die "Catholic News Agency" (CNA).

"Ein absolutes Recht auf priesterlichen Beistand"

Mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie betont der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, dass "Priester alles tun müssen, was sie können, um den Gläubigen nahe zu bleiben. Sie müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Sterbenden zu helfen, ohne die Aufgabe der Betreuer und der zivilen Behörden zu erschweren".

"Niemand hat das Recht, einer kranken oder sterbenden Person den geistlichen Beistand eines Priesters vorzuenthalten. Es ist ein absolutes und unveräußerliches Recht", bekräftigt der Kardinal.

In dem am heutigen 9. April veröffentlichten Gespräch erklärt der Kurienkardinal auch, er glaube, dass viele Priester inmitten der COVID-19-Pandemie ihre Berufung zum Gebet wiederentdeckt hätten.

"Wenn [Priester] nicht jedem Sterbenden physisch die Hand halten können, wie sie es gerne hätten, entdecken sie, dass sie in der Anbetung für jeden einzelnen Fürbitte einlegen können", sagte er und fügte hinzu: Er hoffe, dass die Kranken und Isolierten sich durch das Gebet mit ihren Priestern verbunden fühlen würden.

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Sarah ermutigte auch Menschen, die in Isolation oder Abgeschiedenheit leben, in der Familie das Gebet wieder zu entdecken.

"Es ist an der Zeit, dass Väter lernen, wie sie ihre Kinder segnen können. Dass Christen, die der Eucharistie beraubt sind, erkennen, wie sehr die Kommunion für sie eine Gnade war. Ich ermutige sie, die Anbetung von zu Hause aus zu praktizieren, denn es gibt kein christliches Leben ohne sakramentales Leben".

Ein positiver Aspekt der Pandemie sei der "Geist der Selbsthingabe und Sakramentalität, der aus den Herzen kommt". Kardinal Sarah würdigte, wie Gesellschaften in der Krise ältere Mitbürger beschützen, wie "Krankenschwestern, Ärzte, Freiwillige und andere Helden des Alltags" gefeiert und geachtet werden, betonte der Kardinal.

Angriffe gegen Benedikt

In dem Interview spricht Kardinal Sarah auch über sein Buch über den priesterlichen Zölibat, "Aus der Tiefe unserer Herzen", das im Februar veröffentlicht wurde.

Das Buch löste eine Kontroverse über einen Beitrag von Papst Benedikt XVI. aus. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der Papst im Ruhestand zugestimmt hatte, als Mitautor des Buches aufgeführt zu werden, wie von Sarah und den französischen und englischen Verlegern des Buches bekräftigt wurde.

Der Kardinal sagte, er sei auch von den heftigen Reaktionen auf den Inhalt des Buches betroffen gewesen, das er und Benedikt XVI. als "heitere, objektive und theologische Reflexion ... auf der Grundlage der Offenbarung und historischer Daten" beabsichtigten.

"Natürlich habe ich in dieser Zeit gelitten, ich habe die Angriffe gegen Benedikt XVI. sehr stark gespürt. Aber tief im Inneren war ich besonders verletzt zu sehen, wie Hass, Misstrauen und Spaltung in die Kirche eingedrungen sind in einer so grundlegenden und entscheidenden Frage für das Überleben des Christentums: dem priesterlichen Zölibat", fügte er hinzu.

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Er sagte, er bedauere, dass es wenig Diskussion darüber gegeben habe, was er für den wichtigsten Teil des Buches halte: das Argument für den Verzicht auf materielle Güter seitens der Priester und eine Reform, die auf Heiligkeit und Gebet basiert.

"Unser Buch sollte geistlich, theologisch und pastoral sein. Die Medien und einige selbsternannte Experten haben es politisch und dialektisch interpretiert", so Sarah. "Jetzt, wo die sterile Polemik verschwunden ist, werden wir es vielleicht wirklich lesen können? Vielleicht werden wir es friedlich debattieren können?"

"Reichtum ist eine Versuchung der deutschen Kirche"

Die Priester und Bischöfe in Deutschland lud Sarah ein, auf materielle Güter zu verzichten: "Armut erleben und auf staatliche Gelder zu verzichten".

"Eine arme Kirche wird sich nicht vor der Radikalität des Evangeliums fürchten. Ich glaube, dass wir oft aufgrund unserer Bindungen an Geld oder weltliche Macht zaghaft oder sogar feige sind, die Frohe Botschaft zu verkünden", betonte Sara.

Er glaube, dass der Reichtum der deutschen Kirche sie dazu in Versuchung bringe, "die Offenbarung zu ändern, ein anderes Lehramt zu schaffen" wollen.

Mit Blick auf den sogenannten "Synodalen Prozess" in Deutschland sagte Sarah, er habe den Eindruck, dass dabei über "die Glaubenswahrheiten und die Gebote des Evangeliums abgestimmt werden soll".

"Not für ideologische Zwecke ausgenutzt"

Das Interview ging auch auf die Amazonas-Synode 2019 ein. Ohne deutsche Bischöfe und Funktionäre beim Namen zu nennen, sagte Kardinal Sarah, dass einige der negativen Reaktionen auf das Schreiben Querida Amazonia von Papst Franziskus deutlich machten, dass "die Not der Armen zur Förderung ideologischer Projekte genutzt worden sei".

"Ich würde mir wünschen, dass die Synoden mehr Zeiten des gemeinsamen Gebets und kein ideologisches oder politisches Schlachtfeld sind", bemerkte er und erklärte, dass "die Einheit der Kirche zuallererst auf dem Gebet beruht". Aufgabe der Kirche sei, die Wahrheit zu bezeugen und Christus zu bekennen.

"Wenn wir nicht gemeinsam beten, werden wir immer gespalten sein", sagte er.

Hannah Brockhaus trug zur Berichterstattung bei.

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