Bischof Voderholzer über "Synodalen Weg": "Die Lehre der Kirche kommt zu kurz"

Bischof Rudolf Voderholzer bei der Pressekonferenz am 22. Juni 2020
Bistum Regensburg

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat erneut davor gewarnt, dass die Lehre der Kirche beim umstrittenen "Synodalen Weg" noch "zu kurz" komme. Im Interview mit Peter Bringmann-Henselder, der neben seiner Tätigkeit als Sprecher des Kölner Betroffenenbeirates auch den TV-Sender "For-Disabled-People-TV" leitet, kritisierte Voderholzer auch die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene MHG-Studie.

Peter Bringmann-Henselder hatte das Interview (hier im Video) am 23. September 2021 am Rande der Herbstvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz in Fulda geführt.

Unterdessen übten auch zwei Laiengruppierungen scharfe Kritik am "Synodalen Weg".

"Wir sind kein Dauerparlament"

Voderholzer erinnerte daran, dass er bereits 2019 gemeinsam mit dem Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, einen Satzungsentwurf vorgelegt hatte (CNA Deutsch hat berichtet), der dann jedoch nicht die Mehrheit fand. Darin hatten die beiden Hirten angeregt, vor allem eine "innere geistliche Erneuerung" anzustoßen, um wieder "lebendig, überzeugend, charmant Kirche sein [zu] können".

Stattdessen hatte sich die Synodalversammlung auf die vier Themen "Macht und Partizipation", die Lebensform der Priester, die Sexualmoral der Kirche und "die Frauenfrage" verständigt, wie sie nun auch in den vier Synodalforen grundgelegt sind, erklärte Voderholzer weiter. Wörtlich:

"Ich selber habe aus der Erfahrung heraus, die ich auch mit anderen teile, den Eindruck, in den Foren und in der Vollversammlung des 'Synodalen Weges' kommt die Lehre der Kirche, kommt die Einheit mit Rom, mit der Weltkirche und der Tradition zu kurz".

Mit der Website "Synodale Beiträge" habe er deshalb ein Forum schaffen wollen, in der "die Stimmen sich vernehmbar machen können, die aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in den Foren" zu kurz kommen (CNA Deutsch hat berichtet).

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Wenn es um Glaubensfragen und die Substanz der Kirche geht, sei ein Konzil "die zuständige Ebene", so der Bischof. "Wir haben das II. Vatikanische Konzil noch gar nicht richtig angenommen und noch gar nicht richtig verstanden", bemängelt Voderholzer. "Es wäre erst einmal angebracht, die Lehre des Konzils gut zu studieren und sich zu eigen zu machen und dann zu schauen, was noch für Fragen übrig bleiben". Und wörtlich:

"Wir sind kein Dauerparlament, sondern eine Gemeinschaft, die den Glauben lebt, der in der Liebe wirksam wird."

Missbrauch des Missbrauchs?

Peter Bringmann-Henselder, selbst ein Betroffener sexuellen Missbrauch, teilte erneut seine Einschätzung mit, bestimmte Gruppen "missbrauch[en] den Missbrauch" für die Durchsetzung kirchenpolitischer Ziele. Voderholzer erinnerte an seine Predigt zum Silvesterabend 2019, als der Bischof sagte:

"Die Empörung über den Missbrauch ist das Feuer, auf dem die Suppe des 'Synodalen Weges' gekocht werden soll. Deswegen muss dieses Feuer am Lodern gehalten werden. Es darf durch nichts verkleinert werden, auch nicht durch den wissenschaftlich belegten Hinweis, dass Ehelosigkeit um des Himmelreiches von sich aus mit sexuellem Missbrauch nichts zu tun hat und dass die allermeisten Fälle dieses Verbrechens im familiären Umfeld geschehen durch Menschen, die nicht den Zölibat versprochen haben."

Missbrauch ist "fürchterlich", unterstreich Voderholzer im Interview mit Bringmann-Henselder, "wir müssen alles tun, um das aufzuarbeiten". Die Frage, welche Gründe für Missbrauch ursächlich sind, seien "noch lange nicht wirklich so erforscht, sodass man sagen kann, die und die Punkte, die uns zur Änderung empfohlen werden, sind die maßgeblichen".

Ihm fehle ein "valider Institutionenvergleich", aber auch ein "Zeitindex", erklärte der Bischof. Voderholzer berichtet, dass man in den 80-er Jahren auch von wissenschaftlicher Seite aus noch "ganz anders" über das Thema Missbrauch dachte. Er selbst habe eine psychologische Fachzeitschrift vorliegen, die in Bezug auf sexuelle Handlungen von Erwachsenen an Kindern und Jugendlichen von einem "Verbrechen ohne Opfer" spreche. Voderholzer sagt: "Dann braucht man sich nicht wundern, wenn manche Leute das ernst genommen und dankbar aufgegriffen haben".

Erneut Kritik an MHG-Studie

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Dieser "Zeitindex" fehle aber auch bei der MHG-Studie, moniert der Regensburger Bischof. Diese – nicht nur bei Wissenschaftlern umstrittene – Studie gilt als Grundlage für den "Synodalen Weg". Voderholzer hatte erst vergangene Woche bei der zweiten Synodalversammlung des "Synodalen Weges" in der Synodalversammlung seine Kritik an dieser Studie wiederholt. Wörtlich:

"Wenn die MHG-Studie nur halbwegs so historisch-kritisch angegangen und analysiert würde wie hier für die Heilige Schrift vorgeschlagen wird, wären wir viel weiter und wahrscheinlich auch etwas glaubwürdiger."

Bereits auf der ersten Synodalversammlung hatte Voderholzer die Studie kritisiert und  erntete dort bereits dort empörten Widerspruch geerntetDabei ist der Regensburger Hirte mit seiner Kritik nicht allein. Schon kurz nach Veröffentlichung der Studie im Jahr 2018 bewertete der Arzt Manfred Lütz das Werk als "missglückte Studie". Auch der Publizist Bernhard Meuser – selbst Betroffener von Missbrauch – hat sich dieser Kritik angeschlossen und vor einem "Missbrauch des Missbrauchs" gewarnt.

In Frankfurt erneuerte Bischof Rudolf Voderholzer seine Bedenken am Umgang mit der MHG-Studie, als es um eine Textvorlage ging, in der diese Studie rezipiert wurde. "Ich plädiere für den vorgelegten Alternativtext", so der Bischof. "Der vorliegende Text geht aus von einer unkritisch rezipierten, geradezu dogmatisch überhöhten MHG-Studie und hat andererseits erhebliche theologische Mängel."

Laiengruppe: "Synodaler Weg" ist ein "Frontalangriff auf die Kirche"

Nach schärfer kritisierten "Maria 1.0" und die Initiatoren des "Dubiums" den Prozess. Während Clara Steinbrecher von der katholischen Frauenbewegung "Maria 1.0" sagte, der "Synodale Weg" sei ein "Frontalangriff auf die Kirche, getragen von theologischem Unwissen und geradezu peinlicher Katzbuckelei vor der säkularen Öffentlichkeit", sieht sich der Mit-Initiator des Dubiums, Andre Wiechmann, erneut in seiner Auffassung bestätigt, dass sich die Kirche in Deutschland auf Abwegen befinde.

"Die zweite Synodalversammlung hat durch ihre mit einer deutlichen Mehrheit gefassten Beschlüsse alle Zweifel deutlich befeuert. Nun ist Rom in der Verantwortung und sollte Position zu den von uns formulierten Zweifeln beziehen", so Wiechmann.

Das Interview von Peter Bringmann-Henselder mit Bischof Rudolf Voderholzer in voller Länge:

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