Prozess um Vatikan-Finanzen: Verteidigung weist auf "Lücken" in den Videodateien hin

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Lücken in den Verhör-Videos und Vorwürfe von Verfahrensfehlern: Längst ist auch der Prozess um Korruption und Geldwäsche im Vatikan zu einem Justiz-Krimi geworden. Nachdem italienische Medien in dieser Woche berichtet hatten, dass die Staatsanwaltschaft des Vatikans einer gerichtlichen Anordnung nachgekommen sei, fehlende Beweismittel zu übergeben, machten Anwälte der Verteidigung geltend, dass die Videodateien von Zeugenaussagen Lücken aufweisen.

Die gemeinsame Erklärung wurde am 4. November von Anwälten veröffentlicht, die sechs der zehn angeklagten Geistlichen und italienischen "Geschäftsmänner" vertreten, die wegen der Vorwürfe des Betrugs und mehrerer weiterer Verbrechen vor Gericht stehen. Dabei geht es vor allem um den in mehrfacher Hinsicht dubiosen Kauf einer Londoner Investitionsimmobilie durch das vatikanische Staatssekretariat im Wert von 350 Millionen Euro, wie CNA Deutsch ausführlich berichtet hat.

Unter den Anwälten, die die Erklärung unterzeichnet haben, ist auch der Anwalt des beschuldigten Kardinals Angelo Becciu. Der Italiener ist der ranghöchste Kleriker, der in der jüngeren Geschichte vor dem Gericht des Staates Vatikanstadt angeklagt worden ist.

Der beschuldigte Becciu war lange Zeit der mächtige Sostituto, also Stellvertreter, des — bislang nicht beschuldigten — Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin. 

Die Anwälte sagten am Donnerstag, sie hätten die Nachricht erhalten, dass die Staatsanwälte — im Vatikan auch "Promotoren" der Justiz genannt — "eine beeindruckende Menge an Aufzeichnungen, verteilt auf 52 DVDs", eingereicht hätten, aber "wir haben festgestellt, dass Auszüge von Aussagen in den Aufzeichnungen ausgelassen wurden".

"Das hinterlegte Material ist daher immer noch unvollständig", stellen die Anwälte fest.

Zu dem Beweismaterial gehören Video-Aufnahmen von mindestens fünf separaten Verhören von Msgr. Alberto Perlasca, dem ehemaligen Leiter des Verwaltungsbüros im Staatssekretariat.

Perlasca, einst ein Hauptverdächtiger in den Ermittlungen des Vatikans, wurde keiner Straftat angeklagt, seit er sich 2020 und Anfang dieses Jahres freiwillig einer umfassenden Befragung unterzog.

Mit anderen Worten: Der Geistliche fungiert offensichtlich als eine Art Kronzeuge der Staatsanwaltschaft.

Laut der Erklärung der Verteidiger enthalten die Videos von Perlascas Aussage "Lücken", die man seitens der Staatsanwaltschaft wiederum damit begründete, dies liege an, so wörtlich, "Ermittlungserfordernissen".

Wer ist Alberto Perlasca? Der Priester war Beccius früherer Stellvertreter im Staatssekretariat des Vatikans. In dieser Position unterzeichnete er Dokumente im Zusammenhang mit dem Londoner Immobilien-Deal.

Bei einer Anhörung im Oktober wiesen die Richter den stellvertretenden Justizpromotor des Vatikans, Alessandro Diddi, an, bis zum 3. November Beweise aus Perlascas Vernehmungen vorzulegen. Die nächste Anhörung vor Gericht ist für den 17. November angesetzt.

Die Anordnung erfolgte, nachdem die Anwälte der Angeklagten erhebliche Verfahrensfehler der Staatsanwaltschaft beanstandet hatten.

In ihrer Erklärung vom 4. November beriefen sich die Anwälte erneut auf Argumente, die sie in der Anhörung im Oktober vorgebracht hatten, und wiesen darauf hin, dass Diddi sich im Juli bereit erklärt hatte, das gesamte audiovisuelle Material zu hinterlegen", aber am 9. August dem nicht nachgekommen war ... unter Berufung auf Gründe der Privatsphäre".

"Wieder einmal werden die Verteidigung und das Gericht selbst nicht in der Lage sein, Zugang zu dem gesamten Material zu haben, das während der Ermittlungen erworben wurde und das das Gericht wiederholt dem Veranstalter aufgetragen hat, zu hinterlegen", hieß es.

Die italienische Nachrichtenagentur AdnKronos berichtete am 4. November, dass mehr als 100 Stunden Video- und Audiodateien von der Staatsanwaltschaft übergeben wurden, von denen etwa 2 Prozent fehlen, "weil sie mit Fakten verbunden sind, die für den Prozess nicht relevant sind".

Eine Behauptung, der die Verteidigung offenbar nicht bereit ist, blind zu vertrauen.

Bei der Anhörung am 27. Juli sagte Diddi wiederum, dass Perlascas Aussagen besser als "Depositionen", also Aussagen, denn als "Verhöre" zu bezeichnen seien, und dass er "bei seinen frühen Verhören Aussagen zu anderen Fakten machen musste". Er verteidigte auch die Aufnahme der meisten Aussagen Perlascas ohne die Anwesenheit seines Anwalts und behauptete, dass dies im Gegensatz zu den Argumenten der Verteidigung keinen "Verfahrensfehler" darstellten.

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Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.