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Rassismus-Vorwurf: Theologie-Professorin Rahner fordert Entschuldigung von Bischof Oster

Bischof Stefan Oster bei der Predigt im Mittelgang der Basilika St. Anna in Altötting.

Die Theologie-Professorin Johanna Rahner hat nach ihrem umstrittenen Rassismus-Vorwurf nun eine öffentliche Entschuldigung vom Passauer Bischof Stefan Oster gefordert. Sie wirft Oster umgekehrt nun "geziehlte Fehlinterpretation" und "unzulässige Zuspitzungen" vor.

Bischof Oster hat bislang noch nicht auf die Aufforderung Rahners reagiert.

Rahner hatte - auch international - für Aufsehen gesorgt, als sie Mitte April in einem digitalen "Frauenforum" - einer Veranstaltung der Diözese Rottenburg-Stuttgart - sagte, wer nicht für ihr Verständnis von Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche eintrete, sei ein "Rassist". Wörtlich sagte sie in ihrem Beitrag:

"Wir Frauen können uns in der Kirche unsere Rechte nicht selbst geben, sie müssen uns gegeben werden. Solange aber die Männer in unserer Kirche die Frage der Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche nicht zu ihrem Thema machen, wird sich nichts ändern. Solange die Männer in der Kirche Diskriminierung von Frauen nicht als solche benennen, wird sie weitergehen. Mit Robin Di Angelo würde ich es den Männern in der Katholischen Kirche gerne Folgendes ans Herz legen: Machen Sie sich bewusst, mit welchen Privilegien Sie unsere Kirche seit Jahrhunderten ausgestattet hat. Brechen Sie aus der Gleichgültigkeit gegenüber ihren Privilegien ... und aus der damit verbundenen Komfortzone aus und engagieren Sie sich. Nehmen Sie die nötigen Anpassungen vor ... fragen Sie nicht: 'Sind Frauen in der Katholischen Kirche wirklich diskriminiert?' sondern: 'Was kann/muss ich jetzt dagegen tun, dass diese Diskriminierung aufhört?' (...)

Denn Diskriminierung ist ein Problem, das nur bewältigt werden kann, wenn es benannt wird. Und wenn wir diese Diskriminierung nicht als solche benennen, wird sich daran nichts ändern. Wer aber daran nichts ändern will, ist nichts anderes als ein Rassist."

Bischof Oster: Rahner hat damit auch Papst Franziskus zu Rassisten erklärt

Angesichts dieser Aussage Rahners hatte Bischof Stefan Oster in einem Blog-Beitrag vor einer Eskalation gewarnt und eine Debatte über den Umgang mit Provokationen gefordert. Hier gehe es nicht nur um einen "schamlosen" Vorwurf, sondern letztlich auch den Versuch, anderen abzusprechen, katholisch zu sein.

Rahner habe "in der Frage nach der Frauenweihe lehramtstreue Katholikinnen und Katholiken, und damit einschließlich den Papst, zu 'Rassisten' erklärt", schreibt Oster auf seiner Webseite am 19. April. Ein kirchliches Portal habe die Agenturmeldung dann "mit reißerischer Überschrift" verarbeitet, kommentiert der Passauer Hirte weiter. 

"Was dann auch noch beinahe grotesk wirkt: Wir Bischöfe, die eigentlich in besonderer Verantwortung für die katholische Lehre sind und das auch feierlich versprochen haben, ermöglichen durch unsere Zustimmung die Verwendung von Kirchensteuermitteln für die die Finanzierung bestimmter Medien und ermöglichen damit eine große Bühne, auf der wir selbst (ich fühle mich zumindest gemeint) als 'Rassisten' bezeichnet werden dürfen – ohne dass sich großer Widerspruch regt oder ohne dass eine Redaktion bei aller sehr gerne zugestandenen journalistischen Freiheit, überlegt, was sie da produziert".

Auch hätten die Bischöfe Mitverantwortung dafür, "wer an unseren Fakultäten katholische Theologie unterrichten darf", fährt Oster fort. "Eigenartige Welt, nicht wahr? Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass das eine Debatte wert ist."

Rahner: "Prächtig öffentlich inszenierte Empörung"

In einem Beitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (29. April 2021) versucht die provozierende Professorin nun, den Vorwurf der Eskalation gegen Oster zu erheben. Unter dem Titel "Der Bischof als Agitator" behauptet Rahner – die seit 2014 Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen ist – dass "über 160 Teilnehmende des Digitalen Frauenforums der Diözese Rottenburg-Stuttgart samt der dabei anwesenden Bistumsleitung (Bischof, Weihbischöfe, Generalvikar, Offizial...)" bezeugen könnten, dass sie niemals "in der Frage nach der Frauenweihe lehramtstreue Katholikinnen und Katholiken, und damit einschließlich den Papst, zu 'Rassisten' erklärt" habe.

"Es ist eine gezielte Fehlinterpretation von Bischof Oster, der von ihm konstruierte Zusammenhang von Frauenordination und Rassismusvorwurf ist in der öffentlichen Berichterstattung über die Angelegenheit so nicht zu finden", schreibt Rahner weiter. "Unzulässige Zuspitzungen nützt Bischof Oster für sich, denn das R-Wort taugt in dieser Weise prächtig zur öffentlich inszenierten Empörung".

Dass es sie selber ist, die den Begriff "Rassismus" verwendet, thematisiert die Theologin nicht. Auf den Vorschlag einer Debatte geht sie ebenfalls nicht ein. Rahner wirft dem Hirten aus Passau stattdessen vor, er –  nicht sie – nutze die "Kombination aus Frauenordination und Rassismus", um "all das abzuschreiten, was sowieso gerade stört".

Zeitgleich gebe Oster "die Stereotype des katholischen Lagerdenkens zum Besten", und zwar "Mehrheit gegen Wahrheit, Relativismus gegen Lehramtstreue, Deutschland gegen die Weltkirche", so die Theologin wörtlich weiter.

Sie wolle den Bischof an die Zehn Gebote erinnern, von denen das Achte Gebot heißt, schreibt Rahner sogar: "Du sollst nicht lügen". Deshalb sei eine öffentliche Entschuldigung des Bischofs an sie fällig, fordert die Theologin wörtlich:

"Daher fordere ich Sie, Bischof Oster, zu einer öffentlichen Entschuldigung auf - ohne beschwichtigende Floskeln und pastorales Rumgesumse. Einfach nur: 'Ich habe gesagt... das entsprach nicht der Wahrheit... ich entschuldige mich dafür.' Denn wie die Bibel schon sagt: 'Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein.' Und ich könnte mir keinen besseren Ort dafür vorstellen als jenen, der in der Liturgie die Vollmacht eines Bischofs symbolisch darstellt: die Cathedra der Bischofskirche. Denn: 'Wir sind Sünder, das ist wahr'."

Bislang hat Bischof Stefan Oster auf diese Behauptungen und Forderungen von Johanna Rahner nicht reagiert. 

Kritik an Rahner auch von Bischof Bätzing

Was Rahner – unter anderem – nicht anspricht: Ihr "Rassismus"-Vorwurf hatte nicht nur bei Bischof Oster für Irritationen gesorgt. Am vergangenen Freitag kritisierte auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die polemische Provokation der Professorin: "Es wäre gut, wenn Frau Professor Rahner den zugespitzten Satz zurücknehmen könnte", sagte Bätzing in einem Facebook-Beitrag der Bischofskonferenz am Freitag.

In ihrem Vortrag habe sich Rahner auf eine im amerikanischen Raum entstandene Theorie bezogen, die "durchaus bereichernd für die Diskussion um die Frauenfrage in der katholischen Kirche sein kann", so der Limburger Hirte. Mit der Aussage "Wer aber daran nichts ändern will, ist nichts anderes als ein Rassist" schade Rahner einer "sachorientierten Debatte", wird Bätzing weiter zitiert. Theologische Fragen müssten weiterhin vor allem mit theologischen Argumenten geführt werden. Anders komme man nicht weiter – und bleibe nicht als Kirche zusammen auf dem Weg.
 
Deutlicher wurde der Freiburger Dogmatik-Professor Helmut Hoping: Er schrieb in einem Gastkommentar für die katholische Zeitung "Die Tagespost", mit "theologischer Debatte" habe Rahners Aussagen nichts mehr zu tun. "Das ist politische Agitation und Denunziation", so Hoping. Rahner erhebe nicht nur den Vorwurf des misogynen Rassismus, sondern behaupte, die katholische Kirche stehe mit ihrer rechtlichen Verfassung nicht auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes. Dabei sei die Professorin "eine sehr einflussreiche und bestens vernetzte Theologin. Sie berät nicht nur die Bischöfe in Glaubensfragen, sondern sitzt in allen möglichen wissenschaftlichen Gremien und ist Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentages e.V." 
 
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