Trier - Donnerstag, 22. Juli 2021, 9:25 Uhr.
Nach der Intervention des Vatikans macht das Bistum Trier einen neuen Anlauf, um sich inmitten des Priestersmangels, sinkender Einnahmen und steigender Austritte zukunftsfähig zu machen. Wichtigste Konsequenz: 172 Pfarreien statt bisher 887 Pfarreien soll es in der deutschen Diözese geben.
Im kommenden Jahr sollen zudem 16 neue "Pastorale Räume" geschaffen werden, 19 weitere sollen bis Ende 2023 folgen.
Erst 2019 hatte das Eingreifen durch den Vatikan verhindert, dass die geplanten "Reformen" noch radikaler ausfallen. Damals hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann versucht durchzusetzen, die insgesamt 887 Pfarreien seines Bistums auf lediglich 35 XXL-Pfarreien zusammenzulegen.
Wie das Bistum Trier gestern mitteilte, will Ackermann an seinen Plänen festhalten, die Pfarreienanzahl zu reduzieren.
Sein ursprüngliches Vorhaben, das der Bischof als "Masterplan" bezeichnet hatte, war nach Kritik von Gläubigen – die dem Bischof und seinen Bürokraten vorwarfen, das Bistum zu spalten – sowie einer massiven Intervention des Vatikans auf Eis gelegt worden. Ackermann hatte Roms Entscheidung als "bedrückend" bezeichnet.
Nun soll es künftig statt 887 nur noch 172 Pfarreien im Bistum geben.
Zu Entscheidung, im kommenden Jahr 16 "Pastorale Räume" zu errichten und 2023 insgesamt 19 weitere, sei Ackermann nach dem Abschluss der Sondierungsphase gekommen, teilte das Bistum gestern mit. In der Sondierungsphase hatten von Februar bis Ende Juni 2021 diözesane und lokale Beauftragte gemeinsam mit den Steuerungsgruppen mit zahlreichen Menschen in den Gremien, Seelsorgerinnen und Seelsorgern und vielen anderen Personen und Gruppen Gespräche geführt.
Momentan seien 37 Pfarreiengemeinschaften in der Anhörungsphase, um 2022 zu fusionieren. "Das ist ein sehr erfreuliches Zeichen im Blick auf das Anliegen, sich in größeren Räumen zu vernetzen und zusammenzuarbeiten", wird Ackermann vom Bistum zitiert.
Bischof Ackermann unter Druck
Viele Menschen hätten sich nach Angaben des Bischofs dafür ausgesprochen, die Räume "zügig" zu errichten; teils gab es konkrete Anträge, so die Diözese. Der Bischof nehme auch die kritischen Einwände und den Wunsch der Betroffenen nach mehr Information und mehr Zeit sehr ernst, hieß es. Ackermann stehe zu seinem Wort, Voten vor Ort zu respektieren und diese in die Entscheidung einzubeziehen. Nirgendwo habe es 100 Prozent Zustimmung gegeben; deswegen werde die jetzt getroffene Entscheidung wahrscheinlich auch wieder Menschen enttäuschen. Der Bischof sagte wörtlich:
"Wenn wir den von der (diözesanen) Synode eingeschlagenen Weg weitergehen wollen, eine stärker missionarische, diakonische und synodale Kirche zu sein, dann ist das aus meiner Sicht – und damit stehe ich nicht allein – der richtige Weg."
Ackermann betonte, er freue sich, dass es "trotz der schwierigen Rahmenbedingungen des kirchlichen Lebens so viel Engagement und so viel Leidenschaft für den Glauben und die Kirche gibt, wie ich das selber auch in den letzten Monaten wieder erleben durfte".
Die Umstrukturierungen sollen daher nicht nur Krisenmanagement sein, sondern dabei helfen, die Botschaft Jesu Christi und die Gemeinschaft der Kirche "als Geschenk zu empfinden und dieses Geschenk mit anderen zu teilen".
Als nächstes werden die Steuerungsgruppen die "Pastoralen Räume" vorbereiten und Gespräche mit den Verantwortlichen und den Gremien vor Ort führen. Die Stellen für die Leitungsteams werden ausgeschrieben und die Teams gebildet.
Auch rechtliche Fragen müssen noch geklärt werden. Das Bistum Trier kündigte zum Beispiel ebenfalls an, dass es Veränderungen im Kirchenvermögensverwaltungsgesetz geben werde, da es für das Gebiet des "Pastoralen Raums" auch einen neuen Kirchengemeindeverband geben wird. Ein eigenes Statut für den "Pastoralen Raum" soll zudem den rechtlichen Rahmen klären.
Hintergrund: Konflikt mit dem Vatikan
Wie CNA Deutsch berichtete, hatte Bischof Stephan Ackermann zum 15. Oktober 2019 das "Gesetz zur Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode 2013-2016" erlassen. Damit sollte der rechtliche Rahmen geschaffen sein, um die knapp 900 Pfarreien im Bistum Trier auf 35 Großraumpfarreien zu reduzieren. Dem Erlass vorangegangen war eine umfassende Veranstaltungsreihe mit Gremien und Räten sowie der leitenden Pfarrer und Dechanten im Bistum.
Daraufhin formierte sich jedoch Widerstand aus dem Herzen des Bistums heraus. So warnte beispielsweise die Initiative "Kirchengemeinde vor Ort":
"Diese Strukturreform spaltet das Bistum, die Priesterschaft, zahlreiche einzelne Gemeinden und letztlich uns Katholiken. Unzählige Mitchristen haben bereits angekündigt, ihr ehrenamtliches Engagement wegen der Strukturreform zum 1.1.2020 einzustellen, wenn nicht gar der Kirche den Rücken zu kehren. Entfremdung, Vertrauensverlust und die Frage 'wozu leisten wir noch Kirchensteuer' sind vielfach genannte Begründungen."
Die Initiative äußert zudem die Bedenken, dass durch Einführung neuer Gottesdienstformen im Zuge der Umstrukturierung eine "gewisse Beliebigkeit" Einzug halten könne und dass "in der vorgesehenen Übertragung der Verkündigung, insbesondere der Predigt, an Ehrenamtliche / Laien das Spezifische des Priesteramts verloren geht". Für Kritik sorgt auch die Tatsache, dass das Wort "Priester" weder im Abschlussdokument noch im Gesetzestext auftauche. Hinsichtlich des Priestermangels würde das Bistum "den Kopf in den Sand stecken" und zu wenig für die Förderung von Berufungen tun, so die Initiative.
Auch die Priestergemeinschaft Unio Apostolica protestierte gegen die Pläne von Ackermann, bis Rom schließlich einschritt. Das Papier wurde der Kleruskongregation sowie dem Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte zur Prüfung vorgelegt und vorerst auf Eis gelegt (CNA Deutsch hat ausführlich berichtet).
Im Juni 2020 folgte die offizielle Bestätigung: Die als "Bistumsreform" bezeichneten Pläne wurden nach einer Prüfung durch die Kleruskongregation und den Päpstliche Rat für die Gesetzestexte ausgesetzt.
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Der Vatikan bestätigte damit die - wörtlich - "Bedenken" gegenüber den Plänen Ackermanns, die 900 Pfarreien auf 35 "XXL-Pfarreien" zu reduzieren und Pfarrer unter die Führung von Laien in "Leitungsteams" zu stellen.
Diese Pläne, so teilte das Bistum Trier damals mit, können daher in der jetzigen Form nicht umgesetzt werden. In der Pressemitteilung des Bistums hieß es wörtlich:
"Gegenüber der geplanten Reform der Pfarreien, wie sie im vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode beschrieben ist, hegen die Kleruskongregation wie auch der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte Bedenken insbesondere, was die Rolle des Pfarrers im Leitungsteam der Pfarrei betrifft, den Dienst der übrigen Priester, die Konzeption der pfarrlichen Gremien, die Größe der künftigen Pfarreien sowie die Geschwindigkeit der Umsetzung."
Ein wenig später erklärte Bischof Ackermann Mitte Juni 2020 in einem Gespräch mit der Zeitung "Trierischer Volksfreund", er sei "ein Stück weit bedrückt (...) angesichts der massiven römischen Intervention".
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