Bätzing appelliert an Ampelkoalition und warnt vor Änderung des Abtreibungsrechts

Bischof Georg Bätzing (Limburg) ist seit 2020 Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Bistum Limburg), hat an die sogenannte "Ampelkoalition" – bestehend aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – appelliert, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Änderungen des Abtreibungsrechts nicht umzusetzen.

In einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) vom vergangenen Freitag betonte der Hirte, dass der Schutz des menschlichen Lebens immer die oberste Priorität habe und eine entsprechende Änderung der momentanen Abtreibungsgesetze weder "fortschrittlich" noch "modern" sei.

Noch Anfang Dezember hatte Bätizing seiner Grußbotschaft der neuen Regierung unkritisch zur Wahl gratuliert und sich für die "Wertschätzung im Koalitionsvertrag" der Kirche gegenüber bedankt (CNA Deutsch hat berichtet).

Mühsamer Kompromiss bei aktueller Abtreibungsregelung

Bätzing schreibt in seinem Beitrag unter dem Titel "Liebes Leben", dass "das Leben selbst zu den entscheidenden und deshalb höchst schutzwürdigen Zukunftsressourcen gehört". Deshalb seien die Standards, die es in Deutschland in Bezug auf den Schutz des Lebens gibt, "keine Restbestände einer verkrusteten und zu wenig fortschrittlich denkenden bürgerlichen Gesellschaft der Vergangenheit", sondern eher ein Hinweis auf "eine umsichtige, verantwortungsvolle und an einer gedeihlichen Zukunft der Menschen orientierten Gesellschaft".

Daher könne es unter diesem Gesichtspunkt "nicht verwundern", dass einige Punkte des Koalitionsvertrags "kritisch betrachtet werden", so der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz. Obwohl die "geltenden Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch" ein "komplexes rechtliches Gebilde" seien, seien sie dennoch ein Kompromiss, dem eine Prozess "langwieriger und tiefgehender gesellschaftlicher Auseinandersetzungen" vorausgegangen sei.

Bätzing wörtlich: "Die katholische Kirche hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie mit diesem rechtlichen und gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Abtreibung nicht vollständig konform gehen kann."

Bischofskonferenz unterstützt Werbeverbot

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Der Limburger Bischof erinnert daran, dass der Staat eine Schutzpflicht für das ungeborene Leben hat und betont, dass die Katholische Kirche weiterhin das Werbeverbot für Abtreibungen unterstützt.

Wie CNA Deutsch berichtet hat, strebt die "Ampelkoalition" laut Koalitionsvertrag an, dieses Werbeverbot zu kippen und weitere restriktive Maßnahmen gegen Lebensschützer umzusetzen.

Erst kürzlich hat die neuernannte Familienministerin öffentlich erklärt, diese Vorhaben schnellstmöglich anzugehen und Abtreibung zu "entkriminalisieren". Hart vorgehen will die Grünen-Politikerin auch gegen Gehsteigberatungsangebote vor Abtreibungskliniken. Lebensschützer bieten schwangeren Frauen dort häufig Aufklärungsgespräche an, um das Leben von ungeborenen Kindern zu retten. "Da werden Menschen diffamiert", behauptet Spiegel und legt fest, dass für sie hierbei "eine rote Linie überschritten" werde.

Bätzing: Kein Menschenrecht auf Abtreibung

Im SZ-Beitrag appelliert Bätzing, dass persönliche Beratungsangebote für Schwangere in Konfliktsituationen unabdingbar sind. Trotz Corona-Pandemie und den Schutzmaßnahmen dürfe eine Konfliktberatung "nicht den Charakter einer Formalie annehmen, die sich online abhandeln lässt", so der Bischof.

Auf die Ankündigung der Koaltion hin, eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin einzusetzen, um zu prüfen, ob die Regulierung der Abtreibungen auch außerhalb des Strafgesetzbuches möglich ist, betont Bätzing im Namen der Bischofskonferenz, dass man eine außerstrafrechtliche Regelung für "unzureichend" halte. Die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, wonach Abtreibung grundsätzlich als Unrecht angesehen wird und demgemäß rechtlich verboten bleibt, mache aus der Abtreibung keinen alltäglichen, "der Normalität entsprechende[n] Vorgang". Der Geistliche wörtlich:

"Die Verortung des Schwangerschaftsabbruchs in der Koalitionsvereinbarung unter der Zwischenüberschrift 'Reproduktive Selbstbestimmung' deutet dabei auf eine problematische Verschiebung der Sichtweise hin. Es geht hier um den Schutz des Lebens eines ungeborenen Kindes. Dabei ist klar, dass sich dieser Schutz nicht konkretisieren lässt, ohne Mutter und Kind als Einheit zu sehen. Man kann das Kind nicht schützen, ohne auch auf die Mutter zu schauen. Umgekehrt kann aber die Konfliktsituation auch nicht aufgelöst werden, indem sie ausschließlich zum Gegenstand der 'reproduktiven Selbstbestimmung' erklärt wird."

Dass der Zugang zu einer ausreichenden medizinischen Versorung ein "fundamentales Menschenrecht" sei, ist nach Bätzings Ansicht  "völlig unstrittig". Daraus lasse sich "kein Menschenrecht auf Abtreibung ableiten".

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Deshalb wende sich die deutsche Bischofskonferenz gegen eine Änderung des Abtreibungsrechts, "die den Schutz des ungeborenen Lebens zurücknimmt". Eine solche Änderung könne nicht für sich in Anspruch nehmen, "fortschrittlich und modern zu sein". "Dem nachhaltigen Fortschritt und somit auch der Modernität der Gesellschaft dient der Einsatz dafür, menschliches Leben mit Sorgfalt zu schützen - vom ersten Beginn bis zum natürlichen Tod", schreibt Bischof Bätzing, "dieser Einsatz gehört zu einer Politik auf der Höhe der Zeit."

Deutschland auf dem Weg in den Unrechtsstaat?

Viele Katholiken in Deutschland haben in den vergangenen Wochen ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Koalitionsvertrag etwa im Bereich des Lebensschutzes weitere Dammbrüche zu erwarten sind.

Die Aktion Lebensrecht für Alle" (ALfA) warnte deshalb davor, dass sich Deutschland "auf dem Weg in den Unrechtsstaat" befinde.

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), dem mehrere SPD-Politiker und Grünen-Parteigänger angehören, fand vorsichtig kritische Worte. Die geplante Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen sei aus Sicht des ZdK "keine gute Option, um auf Schwangerschaftskonflikte zu reagieren", heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung. Die politisch gefundene Formel, Abtreibung bleibe verboten, aber straffrei, dürfe nicht aufgeweicht werden.

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