Kritisch bis positiv: Reaktionen auf "Querida Amazonia" in Deutschland

Kardinal Reinhard Marx
Daniel Ibanez / CNA Deutsch

Viel Kritik und Enttäuschung über nicht erfüllte Erwartungen, stellenweise aber auch Lob: Das nachsynodale Schreiben Querida Amazonia ist auf ein geteiltes Echo im deutschsprachigen Raum gestoßen.

Die rund 50 Seiten lange Exhortation von Papst Franziskus (CNA Deutsch dokumentiert hier den vollen Wortlaut) wurde heute Mittag in Rom veröffentlicht und setzt sich mit den Hauptanliegen der Amazonassynode auseinander, die im vergangenen Oktober in Rom abgehalten wurde.

Kardinal Reinhard Marx räumt laut einer Mitteilung der deutschen Bischofskonferenz ein, dass die von einigen Stimmen angekündigte Einführung verheirateter Priester als Viri Probati nicht stattfindet. Gleichzeitig sei das Schlussdokument "nicht vom Tisch", so Marx. Dennoch gebe "Querida Amazonia" wichtige Impulse, so der scheidende Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Kritischer und mit "Bedauern" reagierte ZdK-Präsident Thomas Sternberg. Der CDU-Politiker warf in seiner Stellungnahme dem Papst und dem Lehrschreiben wörtlich "mangelnden Reformwillen" vor. Gleichzeitig teilte Sternberg mit, der Papst gehe konsequent seinen Weg.

Teilweises Lob kam von Bischof Gebhard Fürst: Das Anprangern der Umweltzerstörung prangere der Papst "zurecht" an, so der Stuttgarter Bischof. Doch was Franziskus über die "Rolle der Frau in unserer Kirche" sage, sei "für viele enttäuschend".

https://twitter.com/BischofGebhard/status/1227631967082098688?s=20

Deutlich "enttäuscht" reagierte die "Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands" (KFD). In einer Presseerklärung schreibt der Verband: "Das vorliegende Papier ist ein herber Schlag für alle Frauen, die auf ein starkes Signal zur Gleichberechtigung in der katholischen Kirche gehofft haben". Es sei unerträglich, dass "die Amtskirche" Frauen gleiche Rechte abspreche und sie "aus biologistischer Argumentation heraus zu Dienstleisterinnen" degradiere:

"Einerseits wertschätzt das Papier die Leistung von Frauen, die 'jahrhundertelang ... die Kirche ... mit bewundernswerter Hingabe und leidenschaftlichem Glauben aufrecht [hielten].' Gleichzeitig wird ihnen indirekt Machtgier vorgeworfen, weil die Frauen einfordern, dass ihre gepriesenen Charismen und ihr Einsatz für eine lebendige Kirche mit einer Weihe anerkannt werden. Mit diesem Vorwurf offenbart das Papier, dass die Frauenfrage eine Machtfrage darstellt."

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Der Katholische Deutsche Frauenbund Berlin e.V. (KDFB Berlin) wirft dem Papst derweil auf Twitter vor, sich einer "paternalistischen Sprache" zu bedienen:

"Keine Frauenweihe, keine Lockerung des Zölibats, paternalistische Sprache – das päpstliche Schreiben Querdia Amazonia befremdet auf ganzer Linie. Nun setzen wir mit ganzer Kraft auf den 'Synodalen Weg', dass er mutig für längst fällige Gleichberechtigung eintritt."

Christiane Florin, Radiomoderatorin beim "Deutschlandfunk" und frühere Chefin der ZEIT-Beilage "Christ&Welt" äußerte auf ihrem Blog "Weiberaufstand" ebenfalls ihre Enttäuschung über die ausbleibende Revolution:

"In gewisser Hinsicht ist Franziskus... ein ganzer Kerl. [Er] sagt klar: 'Ich will das nicht'. Auf diese Ehrlichkeit habe ich lange gewartet. Wenn ich ein Vöglein wär, würde ich sagen: Machen wir den Abflug."

Dorothea Schmidt, die als Mitglied der Fraueninitiative "Maria 1.0 - Maria braucht kein Update" am "Synodalen Weg teilnimmt, schreibt in einem Beitrag, der auch bei CNA Deutsch erschien:

"Es wird keine 'Viri Probati' und keine Weihe von Frauen zu Diakoninnen geben. Er hat zudem nochmal deutlich den besonderen Wert der Frau in der Kirche herausgestellt, deren Vorbild unsere Gottesmutter Maria ist. Ich bin zutiefst erleichtert und froh, dass dies vom Heiligen Vater klargestellt wurde."

Nun sei sie gespannt, so Schmidt, "mit welchen Drehungen und Wendungen die verschiedenen Gruppen der sogenannten Reformer diese klaren Wegweisungen aus Rom für ihre Anliegen deuten werden". Ihre Teilnahme an der ersten Synodalversammlung in Frankfurt habe ihre Sicht "auf viele Kardinäle, Bischöfe, das ZdK und andere 'Reformer' grundlegend verändert".

Das Mediennetzwerk "Pontifex", eine Laieninitiative von jungen Katholiken, begrüßte das klare Statement des Papstes. "Synodalität ja, aber keine Demokratie" – so fasst Benno Schwaderlapp, der Sprecher des Netzwerks, den Aufruf des Papstes zusammen.

"Die gerade in Deutschland aktuellen Themen der Weihe verheirateter Männer und einer niederen Weihe für Frauen werden im Text des Papstes überhaupt nicht erwähnt oder ablehnend beschrieben. Hier verkündet der Heilige Vater in Einheit mit seinen Vorgängern die Lehre der lateinischen Kirche. Die Letztgültigkeit der Entscheidung des Hl. Johannes Paul II. zur Unmöglichkeit einer Weihe von Frauen wird so auch durch Papst Franziskus erneut bestätigt."

Somit stelle sich der Papst gegen die Empfehlung der Mehrheit der Synodenteilnehmer, die eine Weihe verheirateter Männer zur Aufrechterhaltung der Sakramentenspendung beschlossen hatten, fuhr der Sprecher von Netzwerk Pontifex fort. Papst Franziskus rufe den Gläubigen ins Gewissen: "Wir schämen uns nicht für Jesus Christus".

Nur durch eine treue und vollständige Verkündigung der Lehre und des Lebens Christi könne eine Neuevangelisierung weltweit gelingen, so das Mediennetzwerk. "Wir dürfen den Menschen auch die herausfordernden Worte des Herrn nicht vorenthalten. Ohne diese Verkündigung wird die Kirche zu einer reinen NGO, ohne dem Auftrag Christi zu folgen".

Die Laieninitiative "Pontifex" hatte wiederholt vor den falschen Erwartungen gewarnt, die beim "Synodalen Weg" geweckt würden. Viele Teilnehmer würden dabei vergessen, dass der auf zwei Jahre angelegte "Reformprozess" letztlich keine Rechtswirkung besitzt.
 
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