Priester in Hongkong: So versucht China, unser Glaubensleben zu kontrollieren

Flagge der Volksrepublik China
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Kardinal Joseph Zen im Interview.
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EWTN News
Jimmy Lai (Lai Chee-Ying) mit Martin Lee (rechts) bei den Menschenrechts-Märschen am 1. July 2013 in Hongkong.
Jimmy Lai (Lai Chee-Ying) mit Martin Lee (rechts) bei den Menschenrechts-Märschen am 1. July 2013 in Hongkong.
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Kardinal Pietro Parolin bei einer Priesterweihe in Rom am 5. September 2020.
Kardinal Pietro Parolin bei einer Priesterweihe in Rom am 5. September 2020.
Daniel Ibáñez / ​CNA Deutsch

Ein Priester aus Hongkong, der zum ersten Mal öffentlich unter seinem eigenen Namen spricht, sagt, dass die Kommunistische Partei Chinas ideologische Taktiken wie Umerziehung und Propaganda einsetzt, um die Religionsfreiheit in Hongkong, das 1997 unter chinesische Kontrolle kam, zu untergraben.

Pater Vincent Woo, Priester der Diözese Hongkong und Kirchenrechtler, sagte in einer Folge der US-amerikanischen EWTN-Sendung "The World Over" am 21. April, dass die KPCh jeden Aspekt der Gesellschaft kontrollieren wolle, und das schließe natürlich auch die Religionsausübung ein.

Woo sagte, er habe beobachtet, dass viele christliche Führungspersönlichkeiten zögerten, sich gegen die Maßnahmen der KPCh auszusprechen, da sie befürchteten, von den Zivilbehörden inhaftiert zu werden oder Schlimmeres zu erleiden. Kürzlich, so stellte er fest, wurde ein protestantischer Pfarrer verhaftet und wegen Volksverhetzung angeklagt, weil er auf seinem YouTube-Kanal einen Organisator einer Mahnwache auf dem Platz des Himmlischen Friedens unterstützt hatte.

"Als Priester und Bischöfe sind wir berufen, Propheten zu sein und uns gegen Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft auszusprechen", sagte er.


"Aber das Beispiel des protestantischen Pfarrers zeigt den Priestern und Bischöfen in Hongkong, dass es enorme Konsequenzen hat, wenn man etwas gegen die Regierung predigt, und deshalb hat man in den letzten zwei Jahren kaum einen Priester oder Bischof in Hongkong gesehen, der öffentlich etwas gegen die Hongkonger Regierung oder die KPCh gesagt hätte."

Hongkong ist eine Sonderverwaltungsregion Chinas, deren Bürger seit jeher Religionsfreiheit genießen, während auf dem chinesischen Festland gläubige Menschen aller Couleur von der kommunistischen Regierung routinemäßig eingeschränkt, überwacht und unterdrückt werden.

Diese Unterdrückung durch die Regierung ist nicht neu. Woo lobte das heldenhafte Zeugnis von Kardinal Ignatius Kung Pin-Mei, Erzbischof von Shanghai in den 1950er Jahren, der 33 Jahre lang im Gefängnis saß, weil er sich weigerte, dem Staat die Treue zu schwören.

Und seit 2019 hat die KPCh ihre Bemühungen verstärkt, die freie Meinungsäußerung in Hongkong mit verschiedenen Mitteln einzuschränken, u. a. im Jahr 2020 durch die Umgehung der Legislative Hongkongs, um neue Gesetze zur nationalen Sicherheit in dem Gebiet durchzusetzen, die China mehr Macht geben, diejenigen zu verfolgen, die die Regierung kritisieren.

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Unter dem Deckmantel der "Inkulturation" verfolgt die chinesische Regierung seit mehreren Jahren eine Politik der "Sinisierung", die darauf abzielt, den religiösen Glauben chinesischer zu machen, so Woo. Die chinesische Regierung verfolge eine Politik, nach der alles, was in der christlichen Lehre nicht mit der sozialistischen Lehre übereinstimme, "ausgetrieben" werden müsse, sagte er.

Ein Reuters-Bericht von Ende Dezember dokumentierte ein Treffen im Oktober 2021, bei dem chinesische Bischöfe und religiöse Führer hochrangige katholische Geistliche aus Hongkong über Präsident Xi Jinpings Vision einer Religion mit "chinesischen Merkmalen" informierten.

Priester auf dem chinesischen Festland müssen sich bei der Regierung registrieren lassen, um ihre Arbeit offen ausüben zu können. Dabei wird von ihnen erwartet, dass sie die Politik der Sinisierung durch die Regierung anerkennen.

Der Heilige Stuhl unter Papst Franziskus und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat erklärt, dass er die Entscheidung von Priestern, die sich weigern, sich registrieren zu lassen, zumindest "respektiert".

Gleichzeitig sind Franziskus und Parolin verantwortlich für das Geheimabkommen mit Peking, dass diese "Sinisierung" dramatisch beschleunigt hat.

Die Konsequenzen sind alles andere als mit der Gewissensfreiheit vereinbar, warnen Betroffene. "Zivilrechtlich registriert zu sein bedeutet nicht nur, ein Stück Papier zu unterschreiben. Wenn Sie sich registrieren lassen, werden Sie in 'das System' aufgenommen, was bedeutet, dass die Regierung Ihnen eine Lizenz zum Predigen und zur Ausübung des öffentlichen Dienstes ausstellen wird", stellte Woo fest.

"Aber damit Sie Ihre Lizenz erneuern können, müssen Sie bestimmte Kriterien erfüllen", sagte er, wie z. B. die Teilnahme an einem Umerziehungskurs. Und die Lizenzen können jederzeit widerrufen werden, sagte er.

Auf dem chinesischen Festland gibt es eine verfolgte  katholische Untergrundkirche. Die von der Regierung und dem Vatikan anerkannten katholischen Kirchen hingegen haben vergleichsweise mehr "Freiheit" bei der Religionsausübung, sehen sich aber auch schweren Verboten und Gängelungen ausgesetzt, darunter dem Druck der Regierung, Teile der katholischen Lehre zu zensieren und gleichzeitig den chinesischen Nationalismus und die Liebe zur Partei in die Predigten einzubeziehen.

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Kardinal Parolin hat diese Politik als "harmlos" und eine Form der "Inkulturation" bezeichnet.

Die meisten Untergrundbischöfe sitzen im Gefängnis oder sind schon sehr alt, so Woo, was die Zukunft der Untergrundkirche ungewiss macht.

Woo meint, dass die KPCh wahrscheinlich die Kontrolle über die christlichen Schulen in Hongkong anstreben wird, um so die jungen Menschen zu kontrollieren und umerziehen zu können.

Hongkongs Gesetz zur nationalen Sicherheit von 2020 enthält eine Klausel, die besagt, dass alle Schüler und Studenten über das Gesetz unterrichtet werden müssen, stellte er fest. Viele religiöse Schulen, die mit Kirchengemeinden verbunden sind, was die Schule tut, zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie sich nicht an das Nationale Sicherheitsgesetz halten, und Kirchengemeinden könnten infolgedessen geschlossen werden.

Xis kommunistische Regierung sei "berüchtigt dafür, ihre Versprechen zu brechen", warnte Woo, und daher werde sich jeder vermeintliche Dialog zwischen der Regierung und dem Vatikan als äußerst schwierig erweisen.

Woo erwähnte auch, dass es für die Katholiken in Hongkong ermutigend sei, dass der Medienmogul Jimmy Lai, ein Katholik und Milliardär, der nach den Gesetzen zur nationalen Sicherheit angeklagt wurde, sich entschieden hat, nicht aus Hongkong zu fliehen, obwohl er wahrscheinlich jahrelang im Gefängnis sitzen wird.

"Er will mit all den Demonstranten leiden, die in Hongkong inhaftiert sind", sagte Woo und fügte hinzu, dass er Lais Handeln als "sein Kreuz auf sich nehmen" wie Christus betrachte.

Auf die Frage, ob er sich Sorgen mache, was mit ihm geschehen könnte, da er sich nun zu Wort melde, antwortete Woo: "Ich bin die einzige Person in meiner Diözese, die das im Moment tun kann".

"Wenn ich mich vor Gott verantworten muss, werde ich dafür geradestehen müssen, warum ich mich im April 2022 nicht für diejenigen eingesetzt habe, die keine Stimme haben. Ich habe keine Wahl, ich muss es tun", schloss Woo.

Ende Januar veröffentlichte die chinesischsprachige Zeitung Ta Kung Pao vier Artikel über den Katholizismus in Hongkong, darunter einen über den emeritierten Hongkonger Erzbischof Kardinal Joseph Zen.

Der 90-jährige Zen ist seit Jahren ein starker Befürworter der pro-demokratischen Bewegung in Hongkong und ein scharfer Kritiker des 2018 zwischen dem Vatikan und China geschlossenen Abkommens über die Ernennung von Bischöfen. Woo sagte, Zen habe ihn während seiner Zeit im Priesterseminar Philosophie gelehrt und viele junge Priester wie ihn selbst inspiriert.

In dem Zeitungsartikel wurde Zen als Feind der KPCh eingestuft, ähnlich wie Falun Gong, eine stark verfolgte religiöse Minderheit in China. Die Zeitung forderte auch, dass die religiösen Einrichtungen in Hongkong unter staatliche Kontrolle gestellt werden sollten, berichtete AsiaNews.

Trotz weltweiter Kritik und eskalierender Verfolgung von Christen und Angehöriger anderer Religionen hat der Vatikan sein umstrittenes Abkommen mit dem kommunistischen Regime unter Xi Jinping bereits verlängert. 

Der eigentliche Inhalt der als "vorläufig" beschriebenen Verabredung ist weiter geheim.

Zur Begründung, den weltweit scharf kritisierten Deal zu verlängern, hieß es 2020 im offiziellen Wortlaut aus dem Vatikan, das Abkommen sei "die von großem kirchlichen und pastoralen Wert" dank – so wörtlich – "guter Kommunikation und Zusammenarbeit" beider Seiten. 

Seitdem ist die Verfolgung von Christen weiter eskaliert. 

Kardinal Parolin hat vor Kurzem angedeutet, das Geheimabkommen mit dem Regime erneut verlängern zu wollen.

Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur. 

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