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Kirche, Kollekte und Krise: Der "Sonntag der Solidarität" und die Spendenfrage

Klingelbeutel

Eine "Corona-Kollekte" wird am kommenden Sonntag in Gottesdiensten gesammelt: Wie CNA Deutsch berichtete, soll dieser "Sonntag der Solidarität" den Leidtragenden der Coronavirus-Pandemie konkrete Hilfe zukommen zu lassen.

Die Initiative deutscher Diözesen, Orden und Hilfswerke sammelt Geld für einen guten, wichtigen Zweck – auch zur Finanzierung internationaler Projekte. In einem neuen "Aufruf der Bischöfe" heißt es dazu:

"Die Gläubigen sind eingeladen, sich an diesem Tag über die Konsequenzen der Pandemie weltweit zu informieren und für die Leidtragenden in aller Welt zu beten. Wir bitten auch um eine großzügige Spende für die Corona-Hilfe in der Weltkirche – mit der Kollekte oder auf anderen Wegen."

Während das tägliche Gebet für die Betroffenen bei den meisten praktizierenden Katholiken selbstverständlich sein dürfte, ebenso wie "gelebte Solidarität" und finanzielle Hilfe: Gerade in dieser Krise wirft ein weiterer Aufruf zu "großzügigen Spenden" auch Fragen auf, warnen Beobachter. Gerade von Seiten derer, die spenden sollen: Jene praktizierenden Katholiken – mehrheitlich also Kirchensteuerzahler – in deutschen Bistümern. Und zwar aus drei Gründen.

Erstens hat die Kirche zuletzt ja schon Rekordeinnahmen verbucht – und gleichzeitig Rekordaustritte gemeldet.

Zweitens sorgen deutsche "Reformprozesse" nicht nur für Irritationen im Vatikan wie auch weltweit, sondern auch unter eben den Kirchgängern in Deutschland, welche just die Finanzierung deutscher Bischofskassen in Frage stellen, wie Regina Einig in der heute erschienenen "Tagespost" erklärt:

"Nie waren die Erwartungen höher, dass der Synodale Weg eine Hebelwirkung entfaltet, um die praktizierenden Gläubigen in Deutschland aus dem weltkirchlich einzigartigen Kirchensteuerzwang herauszulösen".

Eine Debatte, die mittlerweile auch deutsche Bischöfe mutig anregen.

Drittens aber ist auch die Kritik am Umgang der Kirche mit der Coronavirus-Krise Teil der öffentlich ausgetragenen Debatte.

"Kleinlaut, kleinmütig, phantasielos"

So brachte unter anderem der Journalist Heribert Prantl seine Enttäuschung in einem Interview mit dem Kölner "Domradio" zum Ausdruck: "Ich war nie so enttäuscht von der Kirche wie in Corona-Zeiten", so Prantl. "Ich fand die Reaktion der Kirche, der offiziellen Kirche, der Diözesen, der Bischöfe und auch vieler Gemeinden kleinlaut, kleinmütig, zurückhaltend, zu wenig, phantasielos."

Prantl kritisierte dabei auch die Krisenkommunikation der Kirche:

"Ich erinnere mich an den ersten Corona-Sonntag. Ich ging in Berlin in Sankt Ludwig, eine Gemeinde, die ich gerne mag, in die Kirche, und alle Türen waren geschlossen. Was stand außen dran? 'Wegen Corona geschlossen'. Keine Erklärung, rein gar nichts. Nicht die Möglichkeit, in die Kirche zu gehen oder sich irgendwo hinzusetzen. Keine Orgelmusik. Nichts, was ein Ersatz hätte sein können für einen Gottesdienst oder das Nachdenken, das Beten zu unterstützen."

Das Handeln der Kirche in Deutschland sei "ziemlich grausam" gewesen. "Ich glaube, dass mit dieser kleinmütigen und phantasielosen Reaktion die Distanz zur Kirche eher gewachsen ist", so der Journalist gegenüber dem "Domradio".

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Während der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, eine "selbstkritische Diskussion" ankündigte, verteidigte beispielsweise der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf noch Ende Mai die Maßnahme der Gottesdienstverbote zur Eindämmung der Pandemie. Auf der Website des Bistums Mainz schrieb er:

"Die Kirche, so beschreibt es auch der Katechismus, trägt auch Verantwortung in Staat und Gesellschaft, ohne dass sie oder die Bischöfe zu Bütteln der Regierungen würden. Wir erleben, wie sich in einer Krise das Kirche-Staat-Verhältnis in unserem Land bewähren muss, aber auch bei allen offenen Fragen sich bewährt. Es besteht kein Anlass, Verschwörungstheorien zu folgen."

Marianne Schlosser, die als Universitätsprofessorin für Theologie der Spiritualität an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien arbeitet und am "Synodalen Prozess" teilnimmt, warf dagegen in einem Beitrag für CNA Deutsch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf.

Die Kirche mache es sich zu einfach, wenn sie die Sakramentenspendung einstelle und dies als einen "Dienst der Nächstenliebe" darstelle mit Verweis auf die dadurch ermöglichte Verringerung des Ansteckungsrisikos, argumentiert die Theologin. Schlosser wörtlich:

"Ist derzeit das Risiko einer Infektion anlässlich der Sakramentenspendung größer als beim Kauf einer belegten Semmel in der Bäckerei (samt Dialog mit der Verkäuferin, mit MNS natürlich), oder eines Gelato am Eisstand? Ist das Risiko einer Dreiviertelstunde Verweildauer in einer Kirche (bei Mindestabstand von zwei Metern) größer als fünf Stunden in einem Mehr-Personen-Büro zu sitzen (Mindestabstand ein Meter)? Ist es ein verhältnismäßig zu großes Risiko, einen Menschen im Altenheim zu besuchen und die Krankenkommunion zu bringen, als ihm monatelange Isolation zuzumuten? Ist es angemessen, die Kranken-Sakramente auf die Sterbe-Situation zu beschränken – wenn die Krankensalbung doch idealerweise 'beizeiten' gespendet werden soll, solange der Kranke bei Bewusstsein ist, und dasselbe für die Krankenkommunion gilt (CIC c.922)?"

Auch andere Stimmen wurden laut, die der Kirche vorwarfen, zu wenig für die Gläubigen getan zu haben. So forderte beispielsweise der katholische Publizist Thomas Seiterich im "Bayerischen Rundfunk":

"Die Kirchen müssten lauter und selbstbewusster von der Gerechtigkeitsbotschaft und auch von dem Gedanken Leben in Fülle her auftreten in diesen Wochen."

Generalvikar von Rom: Die Sakramente zu den Menschen bringen

Die Debatte ist nicht nur im deutschen Sprachraum zu verfolgen. Weltweit haben Katholiken wegen der Coronavirus-Pandemie unter Einschränkungen gelitten. In Europa traf es besonders hart die Menschen in Italien. Zwei Monate lang konnte in Rom keine öffentliche Messe gefeiert werden, auch die öffentlichen Versammlungen zu den Generalaudienzen von Papst Franziskus mussten abgesagt werden.

Aus diesem Grund sind nun 184 Priester, Seminaristen und Bischöfe der Diözese Rom zum marianischen Wallfahrtsort nach Lourdes gepilgert. Unter ihnen ist auch der Generalvikar des Bistums, Kardinal Angelo de Donatis, der selbst an COVID-19 erkrankte. (CNA Deutsch berichtete).

In einem Interview mit der ACI / EWTN-Gruppe sprach der Kardinal über die Herausforderungen und Perspektiven dieser von der Pandemie geprägten Zeit. Angelo de Donatis wörtlich:

"Zuallererst müssen wir die Angst überwinden, denn Angst - wir wissen es - blockiert, lähmt und deshalb gibt es einen Kampf ums Leben. Und dann würde ich den Priestern oder außerordentlichen Spendern der Eucharistie sicherlich sagen, dass sie ihre Besuche bei den alten Menschen zu Hause intensivieren und den Herrn bringen sollen."

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