Echte "Reform" oder drohendes Schisma? Eine Standortbestimmung zum "Synodalen Weg"

Analyse zur Situation der Katholischen Kirche in Deutschland vor der zweiten Synodalversammlung am 30. September 2021

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Steve Lieman / Unsplash (CC0)

Am 30. September 2021 findet die zweite Synodalversammlung des "Synodalen Weges" in Frankfurt am Main statt. Die Coronavirus-Pandemie hat den Zeitplan der umstrittenen Veranstaltung ordentlich durcheinander gewirbelt: Nach der ersten Synodalversammlung am 30. Januar 2020, mit der ein "Synodaler Weg" begann  - sollte die zweite Synodalversammlung ursprünglich noch im September letzten Jahres stattfinden. Wegen der Coronavirus-Pandemie wurden stattdessen regionale Treffen arrangiert.

Im Frühjahr 2021 starteten die Initiatoren einen neuen Anlauf, eine zweite Synodalversammlung einzuberufen. Dort können laut Satzung unverbindliche "Beschlüsse" gefasst werden, doch fand sich im Vorfeld dafür keine Mehrheit. Also fand im Februar 2021 lediglich eine Online-Konferenz statt.

Vom 30. September bis zum 2. Oktober 2021 soll – nach erheblicher Verzögerung – nun die zweite Synodalversammlung in Frankfurt am Main stattfinden. Weitere Infromationen sollen nach Angaben der Veranstalter noch folgen. 

Themen der zweiten Synodalversammlung

Im Vorfeld wurden bereits die Texte und Materialien, über die bei der Synodalversammlung diskutiert werden soll, veröffentlicht. "Die Prosa selbst erinnert an Beschlussvorlagen für Parteitage, die sakramentale Dimension von Kirche bleibt außen vor", kommentierte Thorsten Paprotny. 

Insgesamt strebe man einen "Kulturwandel" an, wie er beispielsweise "der in dem Beschlussvorlage zum Synodalforum "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" beschrieben werde.

"Dieser Kulturwandel bedeutet: Nur im Zusammenwirken der verschiedenen Charismen und Kompetenzen von Frauen* und Männern* kann die Kirche ihrem Sendungsauftrag gerecht werden; nur im Miteinander der Gaben kann sie der Seelsorge angemessenen Raum geben und für die Menschen in ihren vielfältigen Lebenssituationen da sein."

Grundsätzlich sollen Laien stärker eingebunden werden, auch bei der Bischofswahl, fordert das Forum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche". Laien müsse man "ein Mitentscheidungsrecht bei der Erstellung der Kandidatenliste und ein Anhörungsrecht vor der Wahl aus der Kandidatenliste" zugestehen, heißt es in der Vorlage.

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Im Forum "Priesterliche Existenz heute" wird in der Arbeitsvorlage erneut behauptet, das sakramentale Priestertum der Kirche sei Ausdruck eines "patriarchal geprägten Systems" und leide an "männerbündischen Strukturen". Die priesterlichen Rollenbilder seien "überhöht", der Priester-Zölibat sowie eine Weihe von Frauen zu Priestern sollten erneut – obwohl seit vielen Jahrzehnten verworfen – überdacht werden. Wörtlich heißt es unter anderem in diesem Schreiben:

"Gemeinsam können wir den richtigen Weg finden, der schließlich allen zum Leben dient. Wie beim Apostelkonzil sind das für alle große Schritte. Geht es doch um nichts Geringeres als um Fragen des Abschieds vom patriarchal geprägten System mit seinen männerbündischen Strukturen und um einen Neuansatz für das Priestertum des Dienstes innerhalb des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen; um Fragen des Abschieds von überhöhten und sakralisierten priesterlichen Rollenbildern und um Überlegungen zur Einbindung von Frauen auf unterschiedlichen kirchlichen Ebenen; um Fragen des Abschieds vom rein männlichen und zölibatären Zugangsweg zum Priesteramt."

Auch die Sexualmoral der Kirche soll – nach Meinung vieler Teilnehmer – geändert werden, um der "Realität des 21. Jahrhunderts", sowie häufig zitierten "neuen Erkenntnissen" der "Humanwissenschaften" zu entsprechen.

So soll laut Beschlussvorlage die für die kirchliche Sexuallehre entscheidende Enzyklika "Humanae Vitae" "kritisch diskutiert" werden, da "sich ihr Sinngehalt weder theologisch noch lebenspraktisch als zwingend erschließt", wie es seitens der Autoren des "Arbeitspapiers" heißt.

Besonders die Tatsache, dass der Geschlechtsakt auch katholischer Sicht die grundsätzliche Offenheit für das Leben beeinhalten muss, entspricht nicht den Ansichten dieser Autoren.

Die Arbeitsgruppe stößt sich vor allem an dem, was sie als "ausnahmslose Verurteilung sogenannter künstlicher Methoden der Empfängnisverhütung sowie der Masturbation, der gleichgeschlechtlichen Sexualität oder der Sexualität zwischen unverheirateten Personen oder nach Scheidung und erneuter ziviler Heirat" beschreibt.

Man geht jedoch weit über diese Provikationen hinaus und fordert auch eine Abänderung der Lehre nach Gender-Vorstellungen, genauer: "die Anerkennung der Existenz von Geschlechteridentitäten jenseits der Binarität 'männlich' und 'weiblich'." 

 

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Letztlich ist aus Sicht dieser Katholiken die kirchliche Morallehre nur ein Instrument, "um subtile oder offensichtliche Macht über die Lebensführung von Menschen ausüben zu können", wie das Synodalforum in seiner Vorlage schreibt.

Diese Anliegen und Ziele sind alles andere als neu: Sie  wurden schon seit Beginn des "Synodalen Weges" gefordert – und sind ein Grund, warum beispielsweise der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp unter Protest seine Mitarbeit im Synodalforum aufgekündigt hat (CNA Deutsch hat berichtet). 

Die Personalwechsel

Die Forderungen mögen von Anfang an klar gewesen sein. Doch seit der "Synodale Weg" im Januar 2020 eröffnet wurde, hat sich auch vieles geändert: Zum einen schied Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Bischofskonferenz aus. Der Erzbischof hatte den "Synodalen Weg" gemeinsam mit dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, federführend angestoßen. Doch dann kündigte Marx bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe 2020 an, nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren.

Über die Hintergründe ist lange spekuliert worden, auch wenn Marx selbst seinen Schritt offiziell damit begründete, dass "die jüngere Generation an die Reihe kommen" sollte. Bekanntlich folgte der Limburger Bischof Georg Bätzing auf Marx, doch für Spekulationen hat der öffentlich inszenierte Amtsverzicht von Marx in diesem Sommer gesorgt, bei dem der Münchener Erzbischof öffentlich erklärte, sein Bischofsamt niederzulegen, sofern dies von Papst Franziskus gewünscht sei.

Wenig später teilte Marx mit, er akzeptiere die Entscheidung des Papstes und er sei bereit "Verantwortung zu übernehmen". Wie CNA Deutsch berichtete, betonte der Kardinal Ende Juli noch einmal, dass er auf keinen Fall "amtsmüde" sei, schloss dabei jedoch einen zweiten Rücktrittsversuch nicht aus.

Bei der Herbstvollversammlung im September erklärte schließlich auch der jahrelange Sekretär der deutschen Bischofskonferenz, Jeusitenpater Hans Langendörfer, dass er sein Amt niederlegen werde. Seine Nachfolgerin wurde am 23. Februar 2021 gewählt. Auf Langendörfer folgte die Limburger Pädagogin Beate Gilles.

Gilles, deren Amtsbezeichnung vom "Sekretär der deutschen Bischofskonferenz" nun in das Amt der "Generalsekretärin der deutschen Bischofskonferenz" umbenannt wurde, begleitet seitdem die Sitzungen der Bischofsversammlungen (lesen Sie zu den einzelnen Aufgaben der deutschen Bischofskonferenz hier unseren ausführlichen Hintergrund).

Einen Führungswechsel wird es bald auch beim ZdK geben. Der seit 2015 amtierende Präsident Thomas Sternberg (CDU) gab im April diesen Jahres bekannt, auch nicht mehr für eine weitere Amtszeit anzutreten. Im November soll ein Nachfolger gewählt werden. Wie das ZdK auf Twitter mitteilte, setzen das Präsidium und der Hauptausschuss nun "eine Findungskommission ein, um neue KandidatInnen auszumachen". 

Am 26. Juli 2021 verstarb nach schwerer Krankheit zudem der Jesuitenpater Bernd Hagenkord, der neben Maria Boxberg die "geistliche Leitung des 'Synodalen Weges'" erhalten hatte.

Wie beurteilen die Initiatoren des "Synodalen Weges" die bisherige Entwicklung?

CNA Deutsch hat vor diesem Hintergrund sowohl die neue Generalsekretärin der deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, als auch den noch amtierenden Präsidenten des ZdK, Thomas Sternberg, um eine kurze Stellungnahme gebeten.

Die Pressestelle des ZdK ließ ausrichten, dass sich Sternberg momentan noch im Urlaub befindet und frühestens nächste Woche mit einer Antwort zu rechnen sei.

Ein Sprecher der deutschen Bischofskonferenz teilte CNA Deutsch dagegen mit, dass Generalsekretärin Gilles "derzeit" noch keine Interviews gebe. "Wir werden derzeit auch keine Einschätzungen zum Synodalen Weg abgeben, zumal wir ja gerade in der Vorbereitungsphase sind", erklärte Sprecher Matthias Kopp weiter.

"Gegebenenfalls werde ich mich dazu äußern, wenn wir Details für die Synodalversammlung und das Akkreditierungsverfahren am 8. September 2021 eröffnet haben", so Kopp.

In Bezug auf die Nachfrage von CNA Deutsch, welchen Einfluss die von Papst Franziskus angekündigte Weltsynode über Synodalität auf den in Deutschland stattfindenden "Synodalen Weg" habe, wolle man "die Veröffentlichung des Heiligen Stuhls" abwarten, so der Pressesprecher der deutschen Bischofskonferenz.

Was halten Missbrauchsbetroffene vom "Synodalen Weg"?

Wie CNA Deutsch berichtet hat, wird dem "Synodalen Weg" von Missbrauchsbetroffenen vorgeworfen, ihr Leid für kirchenpolitische Ziele wie eine Abschaffung des Zölibats, die Einführung einer Frauenweihe oder für eine Änderung der Sexualmoral zu instrumentalisieren.

Der Publizist Bernhard Meuser, der als Jugendlicher selbst Opfer sexuellen Missbrauchs durch einen Priester wurde, sieht etwa im Entschluss zum "Synodalen Weg" lediglich "taktische Finesse und ein Lehrstück institutioneller Verdrängung". Meuser wörtlich:

"Man möchte über etwas Anderes reden, möchte die eigentliche Baustelle vergessen machen. Irgendwas an Reform soll passieren, aber bitte an einer ganz, ganz anderen Ecke, etwas, das Lärm macht, das positive Nachrichten von Kirche erzeugt, etwas, bei dem die Leute sagen: Na, sie tut doch was! Der Witz ist: Sie tut zum eigentlichen Thema gerade nichts, außer vor Betroffenheit zu triefen und sich einer peinlichen Debatte um die Höhe von Abfindungen (sic!) hinzugeben. Sie kehrt weiter unter den Teppich."

Dieser Kritik widersprach im Juli der Aachener Bischof Helmut Dieser im Interview mit den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse. Der Missbrauch werde nicht instrumentalisiert, so Dieser.

"Der 'Synodale Weg' basiert nicht auf der Instrumentalisierung des Missbrauchs. Unsere Beratung ist ein Teil dessen, was wir als Kirche dazugelernt haben. Unsere Deutung von Sexualität lag bisher doch eher in einem Misstrauen gegenüber der Sexualität an sich, weniger im vertrauenden Gestalten. Dieser Verdacht einer dauernden Gefährdung des Heils des Menschen hat zu Verdrängungsphänomenen geführt. Und auch im Beichtstuhl zu sehr vielen übergriffigen Gängelungen."

Kritik an diesem Verständnis der Lehre wie der Ausrichtung des "Synodalen Weges" zulasten der Missbrauchsbetroffenen gibt es jedoch auch aus den eigenen Reihen. So hat der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer in einer Predigt zum Silvesterabend kritisiert, dass der Missbrauchsskandal für kirchenpolitische Grabenkämpfe sehr wohl instrumentalisiert werde:

"Die Empörung über den Missbrauch ist das Feuer, auf dem die Suppe des Synodalen Weges gekocht werden soll. Deswegen muss dieses Feuer am Lodern gehalten werden. Es darf durch nichts verkleinert werden, auch nicht durch den wissenschaftlich belegten Hinweis, dass Ehelosigkeit um des Himmelreiches von sich aus mit sexuellem Missbrauch nichts zu tun hat und dass die allermeisten Fälle dieses Verbrechens im familiären Umfeld geschehen durch Menschen, die nicht den Zölibat versprochen haben."

Er habe "erhebliche Zweifel, dass auf der Basis einer solchen Unaufrichtigkeit die Beratungen des Synodalen Weges einen wirklich einen geistlichen Gewinn bringen können, zumal öffentlich auch schon die Erwartungen hochgeschraubt werden, an deren Erfüllung sich dann Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens bestimmen", unterstrich Voderholzer.

Wie schaut das Ausland auf den "Synodalen Weg"?

Der "Synodale Weg" sorgte von Anfang für scharfe Kritik, Bedenken und Unverständnis. Seit Jahren häufen sich Befürchtungen aus dem In- und Ausland, die Kirche in Deutschland könne durch den "Synodalen Weg" in eine Art "Nationalkirche" abdriften und sich von der übrigen Weltkirche abspalten

Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, hat erklärt, dass der italienische synodale Prozess nicht vergleichbar mit dem deutschen "Synodalen Weg" sei. Die Worte des italienischen Kardinals folgten der scharfen Kritik von Kardinal Vinko Puljić, dem Erzbischof von Sarajevo, an den "exotischen Ideen" des deutschen "Synodalen Wegs" – sowie der äußerst scharfen Kritik der amerikanischen Erzbischöfe Samuel Aquila von Denver und Salvatore Cordileone von San Francisco.

Bereits früher hatten sich Kardinal George Pell, aber auch der italienische Kardinal Camillo Ruini, der englische Bischof Philip Egan von Portsmouth und der spanische Bischof José Ignacio Munilla Aguirre von San Sebastián der wachsenden Zahl von Kirchenvertretern und prominenten Theologen angeschlossen, die sich besorgt über den "Synodalen Weg" und andere Vorgänge in Deutschlands Diözesen zu Wort gemeldet haben.

Die Initiatoren haben die Kritik an einem möglichen "deutschen Sonderweg" bislang zurückgewiesen

Sorge um Spaltung oder Schisma

Dennoch verstummen die Kassandra-Rufe jener Beobachter nicht, die ein Schisma – eine echte Gefahr der Abspaltung der Kirche in Deutschland vom Rest der Weltkirche – befürchten. 

Anfang Juni haben sich drei Katholiken aus dem Bistum Essen mit einem formalen Dubium an die Glaubenskongregation in Rom gewandt. Wie CNA Deutsch berichtete, soll darin die Frage geklärt werden, ob sich die Katholische Kirche in Deutschland bereits von der übrigen Weltkirche abgespalten hat. 

Ein Dubium (Latein: "Zweifel") ist eine an die Glaubenskongregation gerichtete Frage, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann. 

Das Dubium der drei Initiatoren wurde zum Pfingstfest 2021 auf den Weg gebracht und soll Fragen rund um die Themen Priestertum, Sexualmoral, Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, verbotene Gottesdienstgemeinschaft durch unrechtmäßige Interkommunion und Laienpredigt in der Eucharistiefeier klären. Ziel ist die Klärung der Frage nach dem Vorliegen eines Schisma im Sinne des can. 751 CIC/1983 ("Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche").

Wie Andre Wiechmann, einer der Initiatoren des Dubiums, nun in einem Exklusiv-Interview bei CNA Deutsch erklärte, sei "die Erosion der katholischen Lehre in den Bistümern und Gemeinden [...] kein Phänomen der letzten Monate".

Der "Synodale Weg" habe seinen Fokus immer noch nicht auf die "notwendige Evangelisierung" gesetzt, kritisiert Wiechmann. Stattdessen gehe es dort "um andere Themen wie Weiheämter für Frauen und eine Verwässerung der katholischen Morallehre". Der Katholik sagte wörtlich:

"Ein 'Synodaler Weg' nach den Impulsen von Papst Franziskus könnte eine Lösung sein. Der aktuelle 'Synodale Weg' der deutschen Bischöfe ist [...] ein weiteres Symptom der Ursache für die Krise. Zudem birgt der aktuelle "Synodale Weg" die Gefahr einer zusätzlichen Polarisierung."

Deutliche Kritik äußert Wiechmann am Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. "Wir haben natürlich zuerst Bischof Bätzing in seiner Funktion als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz um einen Dialog gebeten. Die Reaktion war ernüchternd und zeigt keine wirkliche Dialogbereitschaft seitens Bischof Bätzing", erklärte der Initiator des Dubiums gegenüber CNA Deutsch.

Zwar wolle er nicht bestreiten, "dass wir in einer Zeit der Orientierungssuche, der Zeitenwende und einer Zeit der Veränderungen leben", so Wiechmann. "Doch kann die Antwort darauf nicht ein Paradigmenwechsel in der Glaubenslehre und der Anthropologie und der darauf stützenden Morallehre sein."

Was sagt Papst Franziskus zum "Synodalen Weg"?

In seinem "Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" forderte Papst Franziskus wörtlich, "sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche" und sprach die "communio [Gemeinschaft] unter allen Teilkirchen in der Weltkirche" an.

Er wies darauf hin, "gerade in diesen Zeiten starker Fragmentierung und Polarisierung sicherzustellen, dass der Sensus Ecclesiae auch tatsächlich in jeder Entscheidung lebt" und dass die "Teilkirchen in und aus der Weltkirche leben und erblühen; falls sie von der Weltkirche getrennt wären, würden sie sich schwächen, verderben und sterben. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die Gemeinschaft mit dem ganzen Leib der Kirche immer lebendig und wirksam zu erhalten", in dem "Wissen, dass wir wesentlich Teil eines größeren Leibes sind".

Dabei fand Franziskus auch klare Worte für die dramatische Situation des Glaubenslebens in Deutschland.

"Heute indes stelle ich gemeinsam mit euch schmerzlich die zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens fest mit all dem, was dies nicht nur auf geistlicher, sondern auch auf sozialer und kultureller Ebene einschließt", schreibt der Papst den deutschen Katholiken.

Dies gelte – wie Papst Benedikt XVI. bereits festgestellt habe – auch und gerade für traditionell katholische Regionen.

Er selbst habe bereits 2015 die deutschen Bischöfe vor der "lähmenden Resignation" gewarnt und gemahnt, ihr Heil nicht in Verwaltungsreformen zu suchen, fährt Franziskus fort.

"Ich erinnere daran, was ich anlässlich der im Jahre 2015 sagte, dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin bestehe zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfen."

Wie CNA Deutsch berichtete, hatte Papst Franziskus bereits 2015 sehr deutliche Kritik an den deutschen Bischöfen geübt.

Wie heute bekannt wurde, ist Papst Franziskus in einem neuen Interview vom spanischen Journalisten Carlos Herrera auch auf den "Synodalen Weg" angesprochen worden. Er habe sich "erlaubt, einen Brief zu schreiben", so der Pontifex. "Einen Brief, den ich selbst auf Spanisch geschrieben habe. Dafür habe ich einen Monat gebraucht, zwischen Beten und Nachdenken. Und ich habe ihn zur richtigen Zeit abgeschickt: das Original auf Spanisch und eine Übersetzung ins Deutsche. Und dort drücke ich alles aus, was ich über die deutsche Synode denke. Es ist alles da".

Der Journalist hakt im neuen Interview mit dem Hinweis nach, dass Protest aus Deutschland nichts Neues sei, mit einer Anspielung auf den Protestantismus aus dem Lande Luthers: "Die Geschichte wiederholt sich", sagt Carlos Herrera.

Papst Franziskus antwortet wörtlich: "Ja, aber ich würde auch nicht zu dramatisch werden. Viele Bischöfe, mit denen ich gesprochen habe, sind nicht böswillig. Es ist ein pastoraler Wunsch, aber einer, der vielleicht einige Dinge nicht berücksichtigt, die berücksichtigt werden müssen, wie ich in dem Brief erkläre".

Wie beeinflusst die angekündigte Weltsynode zur Synodalität den deutschen "Synodalen Weg"?

Wie bereits erwähnt, hat CNA Deutsch diesbezüglich sowohl bei der deutschen Bischofskonferenz, als auch beim ZdK nachgefragt. Leise Bedenken meldete die Theologin und Teilnehmerin Katharina Westerhorstmann an, die auf Anfrage von CNA Deutsch antwortete:

"Ich vermisse in der Tagesordnung einen Punkt zur Frage, wie man den 'Synodalen Weg' in Deutschland mit dem weltkirchlichen synodalen Prozess verlinken, verbinden oder sich darin einfügen wird. Dazu müsste diese Synodalversammlung ein Statement abgeben."

Die Professorin für Theologie arbeitet mit im Synodalforum "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft".

Erst im Juni hatte Westerhorstmann in einem Interview mit "Vatican News" gefordert, den "Synodalen Weg" zugunsten der Weltsynode auszusetzen (CNA Deutsch hat berichtet). Wörtlich sagte sie:

"Ich meine, man sollte den 'Synodalen Weg' in Deutschland sistieren, das heißt vorläufig aussetzen, und gemeinsam mit allen Ortskirchen im Oktober diesen Jahres neu beginnen. Dann man all die 'Geburtsfehler', von denen Kardinal Kasper ja gesprochen hat – kürzlich in einem Interview -, die dieser 'Synodale Weg' einfach hat, beheben und man sich so einbringen wie es auch den Möglichkeiten der Kirche in Deutschland entspricht. Und darüber hinaus könnte man all den Anfragen, Sorgen, die es doch in der Weltkirche gibt im Hinblick auf den Synodalen Weg in Deutschland entgegentreten und sagen: Wir bringen uns jetzt in den allgemeinen Prozess, in diesen weltweiten synodalen Prozess so ein wie wir das können – auch mit unseren Erfahrungen."

Die Theologin fuhr fot, dass "der ganze synodale Weg weltweit und auch in den einzelnen Ländern" noch stärker "auf Jesus Christus ausgerichtet" sein müsse. "Viel stärker als bisher, viel stärker auch als es bisher beim 'Synodalen Weg' in Deutschland der Fall war".

Westerhorstmann griff in ihrem Interview mit "Vatican News" die emphatischen Beteuerungen, es gebe keinen "deutschen Sonderweg", auf und stellte fest, dass eine Integration des "Synodalen Weges" in die Weltsynode zeigen könne, "dass das keine Lippenbekenntnisse waren, sondern dass tatsächlich der deutsche 'Synodale Weg' im Dienst der ganzen Kirche steht".

Wie verbindlich sind die Beschlüsse des "Synodalen Wegs"?

Mit einem Wort: Gar nicht. Zwar hatten Funktionäre  das ZdK wiederholt gefordert, dass es zu "verbindlichen Entscheidungen" kommen müsse; dem erteilte Rom jedoch eine klare Absage erteilt. Im Vatikan warnten Kardinäle und Kirchenrechtler des Papstes sogar, man versuche in Deutschland ohne Absprache ein "Partikularkonzil" etablieren, wie CNA Deutsch berichtete.

Der damalige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hatte entgegnet, der "verbindliche Synodale Weg" sei ein "Prozess sui generis". 

In Rom sah man solche Rechtfertigungen anders. Schon Mitte Oktober 2019 widersprach ein hochrangiger Kirchenrechtler des Vatikans der Annahme, dass der geplante "synodale Prozess" in Deutschland "verbindlich" sein kann.

Angesichts solcher kirchenrechtlicher Bedenken wurde in der neuen Fassung der Satzung des "Synodalen Weges" festgelegt, dass die "Beschlüsse" nicht bindend sind. 

Demnach strichen die deutschen Organisatoren den ursprünglichen Satz: "Sie (die Beschlüsse) erlangen Rechtswirkung durch die Inkraftsetzung durch die einzelnen Diözesanbischöfe." Stattdessen heißt es nun: 

"Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt."

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